TEKNO-CAR 4x4 3,5 / 5,5 Tonnen - Alleskönner aus Italien

Text und Bilder Ruedi Baumann

BPZ / Wie die Schweiz, konnte auch Italien wunderbar robuste Lastwagen bauen. Leider verlief die Geschichte ähnlich wie bei uns - die einstmals grossen Namen auf dem Kühlergrill der Schwergewichte sind verschwunden. Lediglich Iveco kann sich heute noch auf dem Weltmarkt behaupten. Trotzdem haben einige kleinere Betriebe eine Marktlücke erspäht und produzieren erstaunlich einfallsreiche, hochgeländegängige Universalfahrzeuge.

Der von uns ausführlich getestete TEKNOCAR stammt aus der ehemaligen Laverda-Motorradschmiede bei Brescia und wird von Industrie West in Stans importiert. Den Testwagen erhielten wir jedoch von Curo Vital, einem A-Vertreter von TEKNOCAR in Villigen AG.

Lastwagen oder PW?

Im Prinzip ist der TEKNOCAR mit dem kleinen Unimog vergleichbar, preislich indessen wesentlich günstiger. Interessant: Man kann ihn sowohl als Personenwagen mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, oder als Lastwagen mit 5,5 Tonnen Gesamtgewicht einlösen. Die Gesamtzuglast (mit Auflaufbremse) beträgt 7 Tonnen (Anhängelast 3,5 Tonnen), mit durchgehender Bremse 11,5 Tonnen (Anhängelast 6 Tonnen). Allerdings ist zu bedenken, dass bei einer Immatrikulierung als Lastwagen einige Nachteile, wie LSVA, Nacht- und Sonntagsfahrverbot sowie der Einbau eines Fahrtenschreibers hinzukommen.

Als Trostpflästerchen für führerscheinlose Lastwagenfans darf an dieser Stelle verraten werden, dass er sich auch als PW wie ein reinrassiger Lastwagen fährt... Allerdings nicht wie ein supermoderner Brummi (die haben ja heute fast allesamt luftgefederte Kabinen, superschallgedämpfte Motoren, elektronische Schalthilfen und, wenn überhaupt, Servokupplungen). Der TEKNOCAR ist eher der Familie der "Rauhbeine" zuzuordnen. Als Fahrer darf man also noch währschafte "Muskelarbeit" - beim Schalten und Kuppeln - leisten. Dies insbesondere, wenn Motor und Getriebe noch kalt sind. Dabei wird einem hübsch warm, was die zunächst ausbleibende Wirkung der Heizung ersetzt. Praxisgerecht eben.

Fürs Grobe

Angesichts seiner fast unvorstellbaren Geländeeigenschaften und der Ausstattung sollte man annehmen, die Vergangenheit des TEKNOCAR sei militärischen Ursprungs. Stimmt nicht. Obwohl seine Silhouette zugegebenermassen frappant der des österreichischen Pinzgauers ähnelt. Anderseits: Der Vorläufer des heutigen DURO, der Protoyp-PUMA von MOWAG in Kreuzlingen wies ebenfalls äusserliche Aehnlichkeiten mit dem "Pinz" auf. Die vermeintliche Verwandtschaft mag in einer Art Zwangsentwicklung begründet sein, wenn ausschliesslich Zweckmässigkeit Massstäbe setzt.

Die Hersteller des TEKNOCAR hatten für den Vertrieb Länder und Gegenden im Visier, in denen die Bezeichnung "Strasse" eher ein Fremdwort darstellt. Dort ist er auch äusserst erfolgreich im Einsatz (was den Verfasser seit den Testfahrten nicht mehr erstaunt). Wie es sich für ein derartiges Vehikel gehört, hat der Wagen nicht nur fünf manuelle Gänge, sondern auch ein - am Hauptgetriebe angeflanschtes - Reduktionsgetriebe. Plus sperrbares Längsdifferential und einzeln sperrbare Hinter- und Vorderachse. Man kann ihn also im 4x2-Modus, permanentem 4x4-Modus oder starrem 4x4-Modus bewegen. Das Umschalten (manuell) kann während voller Fahrt geschehen.

Zum Einlegen der Geländereduktion muss angehalten werden. Der Hersteller gibt als Steigfähigkeit 80 - 100% an, wobei hier nur die Traktion (und die Fall-Linie!) Grenzen setzt. Unter den Starrachsdifferentialen besteht eine respektable Bodenfreiheit von 305 Millimetern. Diese wurde erkauft durch leicht nach oben versetzte Achswellen und Aussenplanetenantriebe. Mit Aussenplaneten gerät das Achsdifferential kleiner (was man beispielsweise sehr gut sehen kann, wenn man hinter einem schweizerischen Militär-6DM oder 10DM Saurer hinterherfährt).

Akrobatik

Die Böschungswinkel betragen vorne und hinten 45° und 45°, zwischen Vorder- und Hinterachse sogar 140°. Solche Werte kennt man sonst nur vom Unimog mit seinen Portalachsen. Wobei zwangsläufig die Ladekantenhöhe (1250 mm) auch sehr hoch ist, aber immerhin 10 Millimeter tiefer liegt, als die des ähnlichen Unimog-Fahrzeugtyps. Je nach Art der Anbaugeräte werden die Böschungswinkel natürlich beeinträchtigt. Bei unserem Testwagen setzten sowohl die vordere Seilwinde wie die hintere Stahlplatte mit den zahlreichen Anhängerkupplungen und Anschlüssen der Geländegängigkeit Grenzen.

Dass für all die Anschlüsse der hintere Aufstiegtritt "geopfert" wurde, brachte dem Verfasser ein bös verschrammtes Schienbein ein. Alles kann man eben nicht haben. Positiv vermerkt wurden die vorderen Druckluftanschlüsse und die Patentverschluss-Anhängerkupplung an der Frontplatte. Dermassen ausgerüstet werden sogar kniffligste Anhängermanöver zum Kinderspiel. Wir würden dem TEKNOCAR jedoch einen Aufstiegsring an den Vorderrädern spendieren; der Einstieg ins Fahrerhaus liegt direkt über den grossen Rädern, was zumindest beim Herausklettern meist zu einer ergebnislosen Suche mit dem Fuss nach dem (vorne direkt unter den Türscharnieren befindlichen, aus dem Fahrzeuginnern nicht sichtbaren) Aufstiegstritt führte. Der Schreibende entwickelte daher eine nicht unbedingt empfehlenswerte Form des Ausstiegs: Einem gekonnten Sprung aus dem Fahrersitz ins Freie.

Sparsam? Ja - aber....

Den Iveco-Vierzylinder Turbodiesel laufruhig zu nennen, wäre vermessen. Der kleine, direkteingespritzte 2800 ccm-Selbstzünder brummt unüberhörbar den Fahrzeuginsassen in die Ohren. Im Gegensatz zum US-HUMMER ist zwar angeregte Unterhaltung möglich, ermüdet jedoch auf die Dauer doch etwas. Ab dem vierten und fünften Gang kommt noch ein diskretes Heulen der Aussenplaneten hinzu. Steile Bergfahrten mit vollbeladenem 3,5 Tonnen-Anhänger erinnerten stark an verflossene Lastwagen-Erlebnisse. Und der Wunsch nach Halbgängen kam auf.

Bezüglich Leistung (103 PS) könnte man diskutieren. Eine Leistungssteigerung um ungefähr 40 PS wäre optimal. Mehr keinesfalls, sonst wird der "Hochbeiner" gefährlich. Leider erlaubte unser geraffter Zeitplan keinen Besuch bei Sterki in Wolfhausen. Sterki ist Schweizer Generalimporteur für Allison-Automaten und baut die Dinger in fast alles ein, was vier Räder und einen Antrieb hat. Wir könnten uns ganz gut vorstellen, dass es Interessenten für den TEKNOCAR gibt, die ihn lieber mit Schaltautomat hätten. Dann wäre gleichzeitig das Problem mit der fehlenden (verschleisslosen) Bremse gelöst, weil es Allison-Automaten mit eingebautem Retarder gibt. Sogar mit eingebautem Nebenantrieb. Feuerwehren beschaffen heute grösstenteils nur noch Einsatzfahrzeuge mit Schaltautomaten.

Bezüglich Treibstoffkonsum bricht der TEKNOCAR erwartungsgemäss keine Spar-Rekorde. Werksseitig wird ein mittlerer Verbrauch von 15 Litern angegeben. Dagegen lässt sich jedoch was tun. Ein wenig Sebstdisziplin und die Tachonadel schön auf 80 km/h, dann bleibt auch die Nadel der Drehzahlanzeige im grünen (Öko)Bereich. Bleifussfahren quittiert der Iveco-Diesel mit deutlich höherem Verbrauch. Ausschlaggebend für den Treibstoffkonsum ist indessen auch die Temperatur, beziehungsweise die Viskosität der Getriebeoele. Bei Minusgraden und eiskalten Getrieben verlangsamte der TEKNOCAR jeweils spürbar die Fahrgeschwindigkeit, wenn geschaltet wurde.

Alles kann man nicht haben

Das Handling ist im allgemeinen überraschend gutmütig, die Federung weich, aber nicht schwammig. Trotz der riesigen Geländereifen (dieselben, die der DURO hat) und des kurzen Radstandes kommt kein "Schwimmen" auf. Nur in zu zügig angegangenen Kurven kann es gefährlich werden, weil der Wagen infolge des kurzen Radstandes urplötzlich zum Untersteuern neigt. Konstruktionsbedingt wird die sehr solid gebaute A-Säule zunächst als arg sichtbehindernd empfunden, weil sie in Linkskurven direkt im Sichtfeld des Fahrers liegt. Man gewöhnt es sich jedoch recht schnell an, die Fahrbahn abwechslungsweise durch Seitenfenster und Frontscheibe zu beobachten. Hierbei sind die - zurückgeschobenen - Schiebefenster (keine Senkfenster) sehr nützlich, weil auf diese Weise weder angelaufene Scheiben, noch glitzernde Wassertropfen irritieren. Die Fenster sind fast senkrecht angeordnet, daher regnet es im geöffneten Zustand auch nicht ins Wageninnere.

Natürlich weist der TEKNOCAR an den Dachkanten Wasserrinnen auf, schliesslich hatten seine geistigen Väter ihren Kopf benutzt. Kein Ausbund an Wirkung zeitigte indessen die Defrosteranlage. Zwar lärmte sie gewaltig, aber damit hatte es sich dann bereits. Eine Fahrt in dichtem Schneetreiben geriet mehrmals zum Blindflug, weil die Scheibenwischer lediglich Eis auf der Windschutzscheibe produzierten. Hier erwuchs den Konstrukteuren ein Problem. Einerseits bleibt auf der ebenfalls fast senkrechten Scheibe kein Schnee liegen, anderseits kann die warme Luft aus den Defrosterdüsen nicht effizient der Scheibe entlang nach oben streichen. Wer mit dem TEKNOCAR auf Safari in den hohen Norden reisen möchte, sollte sich vielleicht zuvor nach einer elektrisch heizbaren Frontscheibe (erhältlich im Fachhandel) umsehen.

Ueberraschenderweise zeigte der TEKNOCAR im Anhängerbetrieb nur positive Seiten. Weder das vom Verfasser erwartete Wippen infolge des kurzen Radstandes, noch ein heimtückisches Schieben der Anhänger (wir testeten weiss Gott die unterschiedlichsten "Anhängsel"!) trat ein. Nur das Rückwärtsmanövrieren mit kurzen Anhängern und kurzen Deichseln wurde (bei Dunkelheit) zum schweisstreibenden Gebastel. Der ultrakurze Abstand von Anhängerhaken zur Hinterachse ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Traktorenversierte Landwirte mögen jetzt ruhig schadenfroh lachen.
Apropos Landwirte: Eine Zapfwelle besitzt der TEKNOCAR nicht. Weder hinten noch vorne.

Wer kauft sowas?

Zielpublikum für den TEKNOCAR sind Anwender wie Forstbetriebe, Feuerwehren, Rettungsorganisationen, Skilifte, Gartenbauer, Bergwachten, Kommunalbetriebe, Spezialtransportfirmen, Expeditionsunternehmer (Safaris), Polizei und - ...Militär. Selbstverständlich auch "angefressene" Offroad-Fans, denn Spass macht der Karren alleweil. Saumässig viel Spass sogar!

 

>> Technische Daten

>> Preisliste

Import und Verkauf Schweiz und Liechtenstein
TEKNOCAR Schweiz AG
Industrie West - Postfach 969
6371 Stans
Tel. 041 / 619 16 28 Fax 041 / 619 16 27
E-Mail: info@roelli.ch

Sowie natürlich die Swissmotor-Redaktion swissmotor@bluewin.ch

Weitere Vertretungen:
Ifor Williams Anhänger
Curo Vital
Innere Bündten 497
5234 Villigen
Tel. 056 / 284 54 45 Fax 056 / 284 54 46

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TEKNOCAR 4x4 - ein Alleskönner aus Italien

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Militärischen Ursprungs? Nö!

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Obwohl er jedem Militärgeländewagen das Fürchten lernte

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Erst die Gesetze der Physik setzen ihm Grenzen (na ja, eigentlich eine Binsenweisheit)

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Natürlich kann er noch ein paar andere Sachen. Schwerste Anhänger ziehen beispielsweise

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Oder einen funkferngesteuerten Kipper

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Und diesen neun Meter langen, zweieinhalb Meter breiten Obermaier Transporter

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Nichts für schwache Nerven (aber das psychologische Kippmoment ist ohnehin meist höher als das effektive Kippmoment eines Geländewagens)

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Querfeldein ist seine Stärke, egal ob Schlamm, Sand oder Schnee

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Die Bodenfreiheit zwischen den Achsen ist rekordverdächtig

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Zweckoptimierter Ausbau. Der Besitzer unseres Testwagens, der Anhängerimporteur Curo Vital, verpasste dem Wagen alle nur möglichen Anhängeranschlüsse.

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Sogar Luftanschlüsse vorne, eine Monster-Seilwinde und Patentverschluss für Anhängerhaken

 


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