Nur zwei V8-Diesel wurden zu Legenden
Zum grossen Ärger der Konstrukteure verkehrten die V8-Saurer grösstenteils ohne Seitenbleche entlang der Motorhaube; damit jedermann den
Gewaltbrocken von Motor sehen konnte. Dadurch strich aber die Kühlluft vom Ventilator nicht sauber entlang dem Motor nach hinten, sondern wurde
seitwärts davongewirbelt. Das bekam den hintersten Zylindern gar nicht, weil sie zuwenig gekühlt wurden. Es existierten auch vereinzelte Frontlenker mit
V8, ja sogar mit V12 Motoren und Allradantrieb (Stiefel Transporte, Zürich). Saurer baute dann V8 und V12-Motoren noch weiterhin, aber ausschliesslich
für Autobusse und Postautos in Alpenregionen (240PS), u.a. Gelenkbusse mit Heckmotor (Verkehrsbetriebe Zürich = 2 Exemplare).
Chrom-Emblem
Der V12 war nicht wesentlich länger als ein Reihensechszylinder, dafür aber breiter, was der Fahrer (auch der Verfasser) beim Frontlenker
empfindlich zu spüren bekam. Wenig bekannt ist, dass seinerzeit auch Volvo Lastwagen mit V8-Motoren produzierte, allerdings mit Benzinmotoren (Lande
Welllpappen, Zürich). Scania setzte vorwiegend auf das Chrom-V8-Emblem im Kühlergrillbereich, das sich bis heute in unterschiedlichem Design sogar an
den Kabinen-Seitenwänden gehalten hat – und natürlich den unverwechselbaren Auspuffsound.
Prestige auf Kosten der Nutzlast
Viele Verkäufer grinsten in sich hinein, wenn der Kunde Ende der 60er-Jahre (für Inlandtransporte) partout auf einem V8-Scania beharrte,
obwohl der schwergewichtige Motor die Nutzlast um 350 Kilo herabsetzte. Bei 16 Tonnen erlaubtem Gesamtgewicht (mit Anhänger 26 Tonnen) liessen etliche
lieber das Reserverad zuhause, als auf den leichteren Sechszylindermotor auszuweichen. Aber gehörte eben zum „Prestige“ diverser Transportfirmen, das
V8-Emblem am Kühlergrill allen zu zeigen.
Sinnigerweise hat sich das bis heute gehalten, obwohl auch andere Marken teilweise V8, V10 und sogar V12 Motoren einbauen. Aber sie erachten es aus
unerfindlichen Gründen als unwichtig, mit einem simplen Emblem oder Schriftzug darauf hinzuweisen. Ob Scania aus der Saurer-Geschichte gelernt
hat, darf angezweifelt werden. Mit grösster Wahrscheinlichkeit sind die Schweden selbst auf die Idee gekommen, das V8-Zeichen (und natürlich den
Motor) als Prestige-Objekt und Verkaufsrenner anzuwenden.
Geburt eines Königs
Als Scania Ende der 60er-Jahre seinen 350 PS starken 14-Liter-V8 vorstellte, war dies der stärkste Lastwagenmotor in Europa überhaupt und er
verteidigte seinen Rang über viele Jahre. Der V8 machte Scania zum „King of the Road“.
Die Entwicklung begann zu einem Zeitpunkt, als 250 PS das Mass aller Dinge waren. Die Ingenieure bei Scania-Vabis erkannten jedoch, dass solche
Motorleistungen langfristig nicht ausreichen würden. Das galt ihrer Ansicht nach vor allem für den schweren Fernverkehr und für Holztransporte. Die
Ingenieure stellten sich daher die Frage, warum sie nicht als Erste einen Motor mit höherer Leistung auf den Markt bringen sollten: Gedacht, gesagt,
getan – und Scania betrat mit seinem V8-Motor Neuland.
Leidige Platzfrage
Die Freigabe für die Entwicklung im Jahre 1962 erfolgte zum gleichen Zeitpunkt wie die Entscheidung für die Entwicklung einer neuen
Frontlenker-Generation, die 1968 vorgestellt wurde. Ein grösserer Reihensechszylinder hätte nicht unter ein Frontlenker-Fahrerhaus gepasst –
ein Reihenachtzylinder schon gar nicht.
Die Ingenieure entschieden sich daher für die V-Bauweise, da ein V-Motor unter das gleiche Fahrerhaus passen würde wie der
11-Liter-Reihensechszylinder – jedoch mit einer um 100 PS höheren Motorleistung. Infolge der V-Anordnung der acht Zylinder erreichte er etwa
die Länge eines Reihenfünfzylinders, war jedoch, wie bereits erwähnt, erheblich breiter. Das Ergebnis war ein starkes und gleichzeitig sehr
kompaktes Aggregat, das bei der Leistung von LW-Motoren neue Massstäbe setzen sollte.
„Fahrbarkeit“
Bei der Entwicklung und Optimierung der Motorleistung prägten die Ingenieure den Begriff „Driveability“, auf Deutsch „Fahrbarkeit“. Die
Fahrbarkeit charakterisiert das Verhalten des Motors zusammen mit den übrigen Komponenten des
Antriebsstrangs. Spitzenleistung ist hier generell
von untergeordneter Bedeutung, es kommt vor allem auf die Drehmomentcharakteristik an. Die Ingenieure von Scania-Vabis legten für die
Fahrbarkeit klare Kriterien fest. Ein Lastwagen sollte demnach während des gesamten Geschwindigkeitsbereichs so wenige Schaltvorgänge wie möglich
benötigen; bei niedrigen Motordrehzahlen eine hohe Zugkraft bieten; im gesamten Drehzahlbereich des Motors ausreichenden Leistungszuschuss
bereitstellen.
Eigenentwicklung
Der neue Scania 14,2-Liter-V8-Motor hatte in der Welt der Dieselmotoren eigentlich keinen richtigen Vorgänger, sondern wurde von Anfang an für die
Turboladetechnik und Langlebigkeit entwickelt. Eine optionale Ausführung als Saugmotor mit 260 PS war für Busse erhältlich und verwandelte Busreisen in
ein komfortables Gleiten durch die Landschaft.
Der Scania LB140 erreichte mit seinen verschiedenen Modellen innerhalb kurzer Zeit ein hohes Ansehen. Diese Fahrzeuge kombinierten hohe
Motorleistung mit einer Drehmomentkurve, die das Fahren mit niedriger Drehzahl begünstigte – bei einem so schweren Fahrzeug eine äusserst
angenehme und gleichzeitig effiziente Kombination. Viele Kunden freuten sich ausserdem über das V8-Emblem und den typischen Sound, der einem sonoren
Grollen glich. All dies – in Kombination mit langer Lebensdauer – führte in kurzer Zeit dazu, dass der 14-Liter-V8-Motor zur Legende wurde.
PS und Tonnen-Norm
Mitte der 70er-Jahre erkannten Verkehrssicherheitsbehörden, dass es notwendig war, Normen festzulegen, damit Lastwagen in dem immer dichter
werdenden Verkehr mithalten konnten – ohne die Autofahrer zu frustrieren oder zu behindern. In Deutschland lautete die Empfehlung z. B. 8 PS pro
Tonne Bruttogewicht, d. h. etwas mehr als 300 PS für die erlaubten 38 Tonnen. Der 375 PS starke Scania V8 kam damals fast an 10 PS/Tonne heran,
ein Wert, der sich in Europa im Fernverkehr erst 25 Jahre später durchsetzen sollte (40 Tonnen, 400 PS im Jahre 2000).
Gleichzeitig überzeugte der Scania V8 durch hervorragende Fahrleistungen auch für höhere Lastzuggewichte. Heute werden in Skandinavien immer häufiger
lange 60-Tonnen-Züge eingesetzt, und daher werden Motorleistungen von ca. 600 PS gewünscht – besonders für Anwendungen für die die 10 PS pro Tonne
gelten (was in der Praxis aber schon wieder als „knapp genügend“ eingestuft wird).
Erfolg für 14-Liter-Motor
Die Leistung des 14-Liter-Motors wurde in mehreren Schritten auf 530 PS erhöht, die letzte Version dieses Motors – gefertigt zwischen 1995 und 2001
– bot ein Drehmoment von 2.300 Nm. Die Leistung hat sich damit um mehr als 50 Prozent, das Drehmoment sogar um 85 Prozent erhöht.
Jahr |
1969 |
1995 |
Bauweise |
90-Grad V8 |
90-Grad V8 |
Emissionsnorm |
– |
Euro 2 |
Hubraum |
14,2 Liter |
14,2 Liter |
Bohrung x Hub |
127 x 140 mm |
127 x 140 mm |
Spitzenleistung |
350 PS |
530 PS |
Drehmoment |
1.245 Nm |
2.300 Nm |
Scania hat etwa 170.000 14-Liter-V8-Motoren im Zeitraum von 1969 bis 2001
ausgeliefert - für Lkw, Einbau- und Schiffsmotoren sowie für ca. 900
Reisebusse.
16-Liter-Motor als Nachfolger
Der im Jahre 2000 vorgestellte 16-Liter-V8 ist in seiner Konstruktion völlig
neu – er basiert auf dem gleichen Modul-Zylinder-Konzept, das Scania auch
für seine 9-, 12-, 13- und 16-Liter-Motoren einsetzt. Der 16-Liter-V8 wurde
seither von der Euro 4-Norm zur Euro 5-Norm weiterentwickelt. Die
Spitzenversion dieses Motors leistet heute 620 PS sowie ein Drehmoment von
3.000 Nm.
Jahr |
2000 |
Heute |
Bauweise |
90-Grad V8 |
90-Grad V8 |
Emissionsnorm |
Euro 3 |
Euro 5 |
Hubraum |
15,6 Liter |
15,6 Liter |
Bohrung x Hub |
127 x 154 mm |
127 x 154 mm |
Spitzenleistung |
580 PS |
620 PS |
Drehmoment |
2.700 Nm |
3.000 Nm |
Scania ist seit vielen Jahren der Bestseller unter den Lastwagen, die über
eine Motorleistung von über 500 PS verfügen. Der V8-Motor von Scania
eroberte beispielsweise Italien in den 70er-Jahren im Sturm – und ist
seither ein Verkaufserfolg in diesem Markt.
Der V8 ist eine äusserst kompakte Konstruktion mit einem sehr günstigen
Leistungs-Gewichts-Verhältnis. Der Motor eignet sich auch für den Einsatz in
geländetauglichen Kippern und anderen Baumaschinen, kommt aber auch in
Spezialfahrzeugen sowie Booten von Streitkräften zum Einsatz.
Mehr als eine Viertelmillion Scania V8-Motoren wurden seit 1969
ausgeliefert. Davon sind heute noch mindestens 100.000 Motoren im Einsatz.
Jahr |
Meilenstein |
Leistung |
Drehmoment |
1969 |
Neuer 14-Liter V8-Motor mit Turboladung |
350 PS bei 2.300 U/min |
1.245 Nm bei 1.500 U/min |
1969 |
Einbau- und Schiffsmotoren |
350 PS bei 2.300 U/min |
1.270 Nm bei 1.450 U/min |
1971 |
Saugmotor für Lkw und Busse |
260 PS bei 2.300 U/min |
932 Nm bei 1.200 U/min |
1973 |
Ladeluftgekühlter Schiffsmotor |
404 PS bei 2.100 U/min |
1.290 Nm bei 1.300 U/min |
1976 |
Einstellung der Fertigung des Saugmotors |
– |
– |
1976 |
Niedertourige Philosophie |
375 PS bei 2.000 U/min |
1.480 Nm bei 1.300 U/min |
1981 |
Scania Baureihe 2 |
388 PS bei 2.000 U/min |
1.580 Nm bei 1.300 U/min |
1982 |
Ladeluftkühlung wahlweise |
420 PS bei 1.900 U/min |
1.725 Nm bei 1.250 U/min |
1985 |
Ladeluftkühlung serienmäßig |
430 PS bei 1.900 U/min
400 PS bei 1.900 U/min |
1.725 Nm bei 1.250 U/min
1.605 Nm bei 1.300 U/min |
1985 |
Schiffsmotor |
451 PS bei 2.100 U/min |
1.750 Nm bei 1.200 U/min |
1987 |
Scania Baureihe 3mit EDC |
404 PS bei 1.900 U/min
450 PS bei 1.900 U/min
470 PS bei 2.100 U/min |
1.663 Nm bei 1.250 U/min
1.915 Nm bei 1.150 U/min
1.940 Nm bei 1.250 U/min |
1991 |
Euro 1 |
453 PS bei 1.900 U/min
500 PS bei 1.900 U/min |
2.030 Nm bei 1.150 U/min
2.130 Nm bei 1.000-1.500 U/min |
1994 |
Euro 2 |
500 PS bei 1.900 U/min |
2.130 Nm bei 1.000-1.500 U/min |
1995 |
Scania Baureihe 4 |
460 PS bei 1.900 U/min
530 PS bei 1.900 U/min |
2.030 Nm bei 1.100-1.500 U/min
2.300 Nm bei 1.100-1.500 U/min |
1999 |
Schiffsmotor |
800 PS bei 2.200 U/min |
2.680 Nm bei 2.000 U/min |
2000 |
Neuer 16-Liter V8-Motor
|
480 PS bei 1.900 U/min
580 PS bei 1.900 U/min |
2.300 Nm bei 1.100-1.300 U/min
2.700 Nm bei 1.100-1.300 U/min |
2002 |
Schiffsmotor |
900 PS bei 2.300 U/min |
3.000 Nm bei 1.500 U/min |
2004 |
Scania Baureihe R |
500 PS bei 1.900 U/min
580 PS bei 1.900 U/min |
2.400 Nm bei 1.100-1.300 U/min
2.700 Nm bei 1.100-1.300 U/min |
2005 |
Euro 4 |
500 PS bei 1.900 U/min
560 PS bei 1.900 U/min
620 PS bei 1.900 U/min |
2.400 Nm bei 1.100-1.400 U/min
2.700 Nm bei 1.100-1.400 U/min
3.000 Nm bei 1.100-1.400 U/min |
2007 |
Euro 5 |
500 PS bei 1.900 U/min
560 PS bei 1.900 U/min
620 PS bei 1.900 U/min |
2.500 Nm bei 1.000-1.350 U/min
2.700 Nm bei 1.000-1.400 U/min
3.000 Nm bei 1.000-1.400 U/min |
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Scania 500/560/620 PS 16-Liter-V8-Euro-4-Motor. 2005.

Scania 16-Liter-V8-Antriebsstrang. 1999.

Scania 360/400/440/480 PS 13-Liter-Euro-5-Motor
Man beachte die schmale Bauweise des Sechszylinders

V8-Platte Schutzblech, auf LKW. 2009.

Scania R 620 6x2 / 4 Highline Zugmaschine. 2009.

Scania R 620 6x2 Topline-Box mit Auflieger. 2009

Model badge chrome. Modell Akkreditierungsausweis Chrom. 2009.

V8-Platte Schutzblech, auf LKW. 2009

Scania LBS140 46S und Scania R 620 6x2 / 4 Highline

Scania T144 GB4x2 Saft-Tanker. 1999. Brasilien.

Scania LS141 und LBS141. 1977.

Scania LS 140. 1969

Wind Farm Schiff-, Süd-Boote, powered by Scania 16-Liter-V8-Motor Marine

Auch MAN zieht mit und weist mit dem V8-Emblem auf die Motorisierung hin. TGX
33.680 6x4 BLS, 680 PS (500 kW / 3000 Nm), Euro-5-SCR-V8-Motor mit
Common-Rail-Einspritzung.
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