Ausnahmetransport der Superlative
Der grösste je für Schweiz hergestellte Trafo auf „Achse“

Text & Bilder: Ruedi Baumann

BPZ / Leider sagen unsere Bilder nicht sehr viel aus – aber es war ohnehin eine Schnapsidee, einen 77 Meter langen Transport mit einem einzigen Blitzgerät ablichten zu wollen. In den Nächten vom Montag/Dienstag und Dienstag/Mittwoch (14.-16.05.07) rollte der grösste je für die Schweiz hergestellte Transformator vom Auhafen am Rhein nach Zürich ins EWZ-Umspannwerk Auwiesen. Gesamtgewicht des Transportes: rund 470 Tonnen!

Eine Steyr-MAN-8x8 Zugmaschine vorne, zwei Lastwagen, ein 8x6 und ein 6x6 Mercedes Lastwagen, schoben von hinten. Der Trafo „hing“ in einem bahngängigen Hochträger, darunter in den Drehpunkten je zwei 20-achsige Goldhofer Tiefbettanhänger, welche einzeln von Maschinisten gesteuert werden konnten.

Der von ABB im deutschen Bad Honnef hergestellte Supertransformator übertrifft in seinen Abmessungen zwar alle bisherigen Schweizer Trafos, gilt jedoch weltweit lediglich als Nummer 2; ein noch gewaltigeres Ungetüm wurde von ABB nach Kanada geliefert. Von Bad Honnef gelangte der Schweizer-Trafo per Schiff nach dem Auhafen bei Basel, von dort auf dem Strassenweg via Wettingen nach Zürich Oerlikon.

Die österreichischen Firmentafeln am Zugfahrzeug und die österreichischen Nummernschilder (Wels) irritierten auch die begleitende Polizei, zumal ja der Transport aus Deutschland kam – und normalerweise etablierte Schweizerfirmen derartige Transporte durchführen. Aber die voll auf Expansionskurs befindliche Firma Felbermayr mit Sitz in Wels betreibt seit anderthalb Jahren auch eine Niederlassung in der Schweiz – nebst Niederlassungen in inzwischen fast allen Ländern Europas (www.Felbermayr.cc). Ein Blick in die firmeneigene Homepage lohnt sich. Nicht nur der Nachttransport durch die Schweiz war ein Superlativ, auch die Firma ist eine.

Weil ausnahmslos versierte Topfachleute am Werk waren, verlief der Transport, abgesehen von zwei zerrissenen Hydraulikleitungen, überraschend problemlos. Allerdings muss hier angemerkt werden, dass die Vorarbeiten gewaltig waren. Auch von Seiten der Polizei. Die erste zerrissene Hydraulikleitung sorgte für erhebliche Aufregung und Stress, wie der Schweizer Felbermayr-Geschäftsleiter, Rudolf Kaspar (ex A.Welti-Furrer AG) berichtete, da sich infolge des Druckabfalls die gesamte Tragkonstruktion mit dem Trafo gefährlich auf die Seite neigte.

Das zweite Malheur war sozusagen konstruktiv bedingt: Infolge des rechtwinkligen Abdrehens der beiden Goldhofer-Tiefbettanhänger bei der Einfahrt zum Umspannwerk war ein Hochdruckschlauch in der Drehachse nicht lang genug, was eine ziemliche Schweinerei verursachte.

Der Supertrafo soll gemäss einem Sprecher des EWZ (Elektrizitätswerk der Stadt Zürich) für die langfristig zuverlässige Versorgung der Stadt Zürich mit elektrischer Energie sorgen. Dazu verfolgt das EWZ ein angepasstes Einspeisungskonzept. Ziel dieses Konzeptes ist es, den gestiegenen Anforderungen des Stadtzürcher Netzbetriebes gerecht zu werden. Für die Umsetzung ist eine neue Generation von Transformatoren notwendig. Der neue Typ mit einer Leistung von 250 MVA und einem Aufstellungsgewicht von 376 Tonnen (inklusive Transformatorenöl) ist der grösste, der je von EWZ in Auftrag gegeben wurde. Im Gegensatz zu den bisherigen Trafos kompensiert diese neue Generation die Blindleistung im Netz.

Zum Ablad in Auwiesen brauchte es keinen Riesenkran. Seit frühester Zeit sind Freiluftstationen, Kraftwerke und elektrische Grossanlagen (Unterwerke u.a.) mit speziellen, schachbrettartigen Gleisanlagen ausgerüstet. Folglich mussten am Trafo bloss Gleisrollen gebracht werden, das Absenken besorgte die Hydraulik.

Obwohl der Transport jeweils zwischen Mitternacht und Morgengrauen rollte, säumten zahlreiche Schaulustige (und leider auch Handy-„Fotografen“, die den Profis dauernd vor die Linse liefen) die Strecke. Auch das Polizeiaufgebot war enorm, das wilde Blitzen der ungezählten gelben Drehleuchten ergab ein regelrechtes Feuerwerk. Der Hochträger, in dem der Trafo befestigt war, entstammt dem 16-achsigen Schwertransport-Eisenbahn-Spezialfahrzeug der SBB.

Die Tragkonstruktion ist sowohl schienen- wie strassengängig und wurde seinerzeit von den SBB eigens für derartige Transporte (Kraftwerkbau) angeschafft. Felbermayr hat nun diese Spezialfahrzeuge - in unterschiedlicher Grösse - der Bahn abgekauft und setzt sie europaweit ein.

Hier die behördliche Spezialbewilligung

 

 


Gut zu erkennen, wie der EWZ-Supertrafo in den schwanenhalsartigen Befestigungen des Hochträgers hängt.


Zügig kommt der 77 Meter lange Konvoi voran.


Hier, beim Zürcher Hallenstadion fand infolge zu enger Kurvenradien ein vorausberechnetes Manöver statt.


Die Schiebefahrzeuge verwandelten sich kurzzeitig in Zugmaschinen, nach einer Rückwärtsfahrt wurde wieder umgruppiert und die letzte Etappe konnte ihren Lauf nehmen.


Ankunft im Unterwerk Auswiesen. Ausgerechnet in dieser letzten Kurve zerriss ein Hydraulikschlauch.


Diese Firmentafel wird man wohl künftig in der Schweiz öfters zu sehen bekommen.

 

 


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