Dem reinen Personenwagenfahrer ist weitgehend unbekannt, dass die heutigen modernen Lastwagen wesentlich
komfortabler zu fahren sind, als der teuerste Luxusschlitten. Luftgefederte Fahrwerke, luftgefederte Kabinen und luftgefederte
Sitze sind beinahe zuviel des Guten, zumal das Gefühl für Geschwindigkeit verloren geht. Bei geschlossenen Fenstern beispielsweise
dringt lediglich ein leises Luftsäuseln ans Gehör des Fahrers. Vorbei die Zeiten, wo einem der Motor die Ohren volldröhnte und
Zwiegespräche mit dem Beifahrer mühsam bis unmöglich waren.
Sofort Fullpower
Seit die computergesteuerten Getriebe Einzug gehalten haben, sind auch die Zeiten der schweisstreibenden und ermüdenden Hebelei
mit dem Schalthebel Vergangenheit; der Fahrer kann seine Aufmerksamkeit heute vollumfänglich dem Verkehrsgeschehen widmen – der
Bordrechner wählt und legt stets selbständig den „richtigen“ Gang ein. Auch das Anfahren am Berg stellt kein Problem mehr dar.
Gasgeben und nach zwei Sekunden steht bereits 90 Prozent des maximalen Motordrehmoments an.
Kein Kupplungspedal
Das neue, „I-Shift“ genannte Volvo-Schaltgetriebe kommt ohne Kupplungspedal aus – und ist trotzdem kein Automatengetriebe im
herkömmlichen Sinne. Scania zum Beispiel verwendet nach wie vor trotz eines fast analogen Schaltsystems ein Kupplungspedal,
welches indessen nur zum Anfahren und Anhalten betätigt werden muss. Neulingen erscheint es völlig natürlich, beim Anfahren aus
dem Stillstand die Kupplung zu betätigen. Wenn das Anhalten jedoch erst nach längerer Fahrt (wo das Schaltsystem dem Fahrer alle
Gangwechsel abnimmt) geschieht, wird das Auskuppeln anfänglich meist vergessen, was angesichts des Gewaltdrehmoments des im
Leerlauf drehenden Motors nicht ganz ungefährlich ist. Ein „Abwürgen“ des Motors ist nämlich beinahe unmöglich.
Warnleuchte für Idioten
Auch ohne Kupplungspedal ist ein millimetergenaues Manövrieren auf engstem Raum problemlos möglich, das beweist Volvo
eindrücklich. Es bedarf lediglich eines gefühlvollen Gasfusses, um die automatische Kupplung per Motordrehzahl im „Schleifmodus“
zu halten. Wie bei normalen Kupplungen, wird bei unsachgemässer Fahrweise auch beim I-Shift der Kupplungsbelag der
Trockenscheibenkupplung verschlissen. Eine rote Kontrolllampe warnt aber den Chauffeur rechtzeitig. Im Vergleich zu „normalen“
Handschaltgetrieben weist jedoch die Trockenscheibenkupplung beim I-Shift eine rund 90 Prozent längere Lebensdauer auf, weil ein
unzulässiger Verschleiss lediglich beim Anfahren aus dem Stillstand auftreten kann. Sämtliche Schaltvorgänge beim Fahren schaltet
das Getriebe demzufolge wesentlich „sauberer“, als dies ein Mensch je tun könnte.
Cleverer Bordrechner
Erste computergesteuerte Lastwagengetriebe benutzten noch ein Display, das dem Fahrer mit einer Zahlenanzeige signalisierte,
welchen Gang das Getriebe „bevorzugen“ würde. War der Fahrer mit der Wahl des Rechners einverstanden, drückte er, quasi als
Einverständnis, das Kupplungspedal, worauf das Getriebe den Gangwechsel selbständig vollzog. Dies auch aus dem simplen Grund, weil
der Rechner „blind“ war, also weder die Verkehrssituation noch die Topographie erkennen konnte. Die heutigen Rechner sind zwar
auch noch weitgehend blind, aber sie registrieren anhand der Fahrweise bestimmte Problematiken und fallen in eine Art defensive
Wartestellung, akzeptieren somit auch „unlogische“ Handlungen des Fahrers.
Anfahren am Berg? Null Problemo!
Anhand von Sensoren merken die modernen Systeme sogar, dass das Fahrzeug bergab fährt. Vermag die Motorbremse den Wagen nicht
in der vom Chauffeur gewünschten Beharrung zu halten, „holt“ sich das Getriebe mit Zwischengas den nächstniedrigen Gang – und legt
sofort wieder die Motorbremse an. Alle neuen Systeme verfügen darüber hinaus über eine Wähltaste mit den Positionen
Bergfahrt/Normalmodus. Im Programm „Bergfahrt“ (die Programme haben je nach Marke unterschiedliche Bezeichnungen) dreht der Motor
die Gänge höher aus, wodurch eine zügigere Fahrweise, sowie ein Wechsel in den nächsthöheren Gang erreicht wird. Damit sind nun
auch schwerste Anfahrten inklusive Hochschalten am Berg Realität geworden, weil der Schaltvorgang wesentlich rascher vonstatten
geht, als das bei den Handschaltgetrieben der Fall ist (wo der Karren schneller zum Stillstand kommt, als der höhere Gang
eingelegt werden kann).
Eine „echte“ Motorbremse
Volvo ist auch bei der „Motorbremse“ einen Schritt weitergegangen – und vom hitzeproduzierenden Retarder wieder abgekommen. Der
FH16 verfügt über eine Staudruckbremse plus variable Ventilsteuerung, also ein frühzeitliches System - VEB, Volvo Engine Brake -
kombiniert mit einer Art „Jakobsbremse“ (Jake-Brake), welches eine Maximalbremsleistung von 425 kW entwickelt. Also höher als die
effektive Motorleistung. Dieses Bremssystem hat zudem den Vorteil, dass der Motor während des Bremsvorganges nicht abkühlt. In
Kombination mit I-Shift ist das eine feine Sache, verlangt indessen, will man die volle Kapazität ausschöpfen, eine
vorausschauende Fahrweise.
Keine verschlissenen Bremsbeläge
Wenn der „Bremshebel“ auf die höchste Stufe gestellt wird, bremst das System den Motor mit grösstmöglicher Verzögerung bis in
die Leerlaufdrehzahl hinunter ab – und holt selbständig mit Zwischengas den nächstniedrigen Gang. Auf diese Weise bremst er ohne
Zutun des Lenkers das Fahrzeug Gang um Gang herunter. Sobald ein sanfter Druck aufs Gaspedal ausgeübt wird, geht der Rechner
wieder in Fahrstellung. Der Computer ist dermassen feinfühlig, dass er es sogar bemerkt, wenn der Chauffeur das Gefährt in
Beharrung halten möchte, dann dosiert er die Motorbremsleistung ähnlich einem Tempomaten. Auf Kundenwunsch können die
Motorbremsbefehle ins Gaspedal programmiert, beziehungsweise integriert werden, wodurch das Betätigen des Handhebels überflüssig
wird. Trotz seiner gewaltigen PS-Entfaltung ist der neuartige 16-Liter-Sechszylindermotor mit Pumpe-Düse- Einspritzung ein
Sparwunder. Allerdings hat noch immer die Fahrweise der Person hinter dem Lenkrad einen grossen Einfluss auf den Verbrauch.
Nur fliegen ist schöner
Das Fahren mit dem neuen FH16 ist eine absolute Wucht. Die Übersicht vom Sitz hinter dem Lenkrad ist untadelig, das Handling
einwandfrei, der Fahrkomfort beinahe zu gut (der Schreibende hätte gerne die Luftfederung des Fahrersitzes blockiert) und die
Instrumentierung verblüffend ergonomisch. Um einen echten „Praxisbericht“ verfassen zu können, hätte jedoch mit den Riesending
wochenlang „gearbeitet“ werden müssen, was leider bei derartigen Testfahrten nicht möglich ist. Natürlich benutzten wir so wenig
wie möglich Autobahnen (kann jeder Depp), sondern wir quälten den Sattelzug durch Städte, Dörfer, über Berg- und durch
Quartierstrassen. Auch das Manövrieren kam nicht zu kurz, wobei die drei ungelenkten Achsen des Aufliegers ein millimetergenaues
Rückwärtsmanövrieren in engen Kurven etwas schwammig gestalteten. Bei einem 180° Wendemanöver riss es beinahe die Reifen von den
Felgen und das Anhalten (wegen Durchgangsverkehrs) war jeweils von einem Zurückschnellen der Zugmaschine begleitet, als ob sie
plötzlich an einem Gummiseil befestigt wäre. Die positive Kehrseite der ungelenkten Achsen war aber ein untadeliger Gradauslauf.
Der Volvo FH16 erfüllt die Euro 4-Norm und ist mit SCR (Reduktionskatalysator) ausgerüstet. Einem System zur
Abgasbehandlung, bei dem Stickoxide in Stickstoff und Wasser umgewandelt werden. Unser Testwagen war mit einem AdBlue®-Zusatztank
ausgerüstet. Über eine Düse wird wässriger Harnstoff hauchdünn versprüht und vom Abgasstrom mitgerissen. In der Hitze das Abgases
hydrolisiert AdBlue®, es bilden sich Ammoniakmoleküle. Im SCR-Katalysator docken die Ammoniakmoleküle an und es beginnt die
katalytische Reaktion, so dass nur noch Stickstoff und Wasser aus dem Auspuff und in die Umwelt gelangen. |
Mit 660 PS ist der Volvo FH16
die stärkste Maschine ihrer Klasse
Rund vier Meter hoch ist das
Fahrerhaus
Ziemlich lang ist er auch…..
Erster Fotohalt im oberen
Tösstal
Und sogleich die erste
180°-Kehrtwendung
Bei der FBB Frischbeton AG in
Dillhaus wollte man unseren Testwagen näher begutachten
Ueli Leuenberger vom
Volvo-Kundendienst erklärt Details und Neuheiten |