In Europa sind die Stückzahlen in den letzten zehn Jahren um die Hälfte
zurückgegangen, in Südamerika sogar um 90 Prozent eingebrochen. Seit Anfang der
90er-Jahre war Scania Marktführer bei Haubenwagen in Europa und Südamerika – und
seit den vergangenen 15 Jahren nahezu auch als einziger Anbieter eines
Haubenwagens auf dem Markt. Noch in den 70er-Jahren machten Haubenwagen rund 50
Prozent aller von Scania gefertigten Lastwagen aus, in den 80er-Jahren fiel
dieser Wert auf ungefähr ein Viertel. Mitte der 90er-Jahre war der Anteil der
T-Haubenwagen von Scania auf 20 Prozent gesunken, heute liegt dieser Wert bei
zwei Prozent.Kleine Schweizergeschichte
In der Schweiz konnten in den Sechzigerjahren die Scania-Haubenlenker mit der
Typenbezeichnung 75 und 76 sehr schnell Fuss fassen. Es war die Zeit, als Bau-
und Transportunternehmungen einen (oder nur wenige) FBW als „Flaggschiff“ in
ihrer Flotte führten, Saurer und Berna - ebenfalls als Aushängeschild
qualitätsbewusster Firmen - die normale Arbeit verrichteten, während Henschel,
Mercedes, Deutz, MAN, Gräf&Stift, Steyr, ÖAF, Büssing, AEC, Leyland, Berliet,
Renault, Saviem, Fiat, OM etc. mehr oder minder die materialmordende Dreckarbeit
erledigten. Die „Ausländermarken“ waren billiger in der Anschaffung, günstiger
bei den Ersatzteilen, wenn auch meist mit kürzerer „Lebensdauer“ gesegnet als
die währschaften Schweizer-Erzeugnisse. Es war noch die Zeit der firmeneigenen
„Starchauffeure“, welche sich damals schlichtweg weigerten, mit einem billigen
„Ausländer“ zu fahren.
Der Siegeszug
In diesen Markt drang (nebst Volvo) Scania mit seinem unverwechselbaren
„Schnauzer“ ein, konnte sich dank ausgezeichneter PR-Strategie rasch
positionieren. Scania-Lastwagen hatten schon kurz nach der Markteinführung das
Image, bezüglich Qualität, Treibstoffverbrauch und Lebensdauer den
Schweizer-Lastwagen ebenbürtig zu sein – aber zusätzlich „sicherer“ bei
allfälligen Verkehrs- oder Arbeitsunfällen. Dieser Ruf färbte auch auf die
jeweiligen Transportunternehmungen ab: Wer Scania in seiner Flotte hatte, galt
als zuverlässiger und sicherheitsbewusster Partner bei der Auftragsvergabe (wie
der Swissmotor-Beitrag über den
Transportunternehmer Ulrich Giezendanner deutlich zeigt).
Kein Schatten ohne Licht
Lediglich auf dem Allradsektor konnte Scania nicht mithalten. Das hatte einen
in vielen Kreisen kaum bekannten Grund: Der schwedische Gesetzgeber gestattete
nämlich den Bau von Allradlastwagen (auch Gelände- und Personenwagen waren von
diesem Verbot betroffen) nur für militärische Zwecke. Das wiederum freute die
Konkurrenz. Henschel, Mercedes, Magirus-Deutz, und MAN legten denn auch mit
ihren Allradlastwagen auf dem Schweizermarkt (vorwiegend im Bausektor) kräftig
zu. Während viele Lastwagenmarken, um die Ladefläche bei gleichem Radstand zu
vergrössern, den sogenannten „Halbfrontlenker“ aus der Taufe hoben, blieb Scania
beim Hauber der markant langen Motorhaube jahrzehntelang treu.
Meistgehasst
Lastwagenmechaniker schätzten dies sehr, weil Reparaturarbeiten am Motor
eines Halbfrontlenkers zu den meistgehassten Aufgaben gehörten. Die heute
üblichen Kipp-Kabinen waren noch nicht erfunden, folglich war die Zugänglichkeit
zum halb in die Kabine ragenden Motor gleich Null und erforderte
Schlangenmenschen. Im selben Zeitraum begann der Frontlenker seinen ungebremsten
Siegeszug. Scania konnte in diesem Kapitel (bei uns jedenfalls) anfänglich nicht
so richtig mithalten, denn die ersten Frontlenker von Scania waren, im Gegensatz
zum „schönen“ Scania-Schnauzer, ästhetisch besehen, ziemliche Missgeburten.
Das Rätsel von der Motorbremse
Etliche Rätsel gab den Konstrukteuren seinerzeit die Tatsache auf, dass
Reklamationen der Chauffeure über eine zu wenig wirkungsvolle Motorbremse
ausnahmslos den Haubenlenker, nie jedoch den Frontlenker betrafen. Aber beide
Modelle waren bezüglich Motor (und Staudruckbremse) baugleich. Ein findiger Kopf
fand dann die Erklärung für das Phänomen: Beim Frontlenker befand sich der
Ansaug-Luftfilter zum Motor direkt unter dem Fahrersitz, wogegen er beim
Haubenlenker weit vorne unter der Haube angeordnet war. Beim Frontlenker
donnerte demzufolge die Motorbremse dem Chauffeur die Ohren voll, wodurch eine
Super-Wirkung suggeriert wurde. Beim Haubenlenker fehlte dem Fahrer diese
akustische Begleiterscheinung. Durch eine konstruktive Änderung wurde dann bei
allen Modellen die (dringend notwendige) Wirksamkeit der Staudruckbremse
entscheidend optimiert.
Der Spass mit den Halbgängen
Wie es die Schweizer-Lastwagenmarken vorexerziert hatten, verfügten auch bald
schon die ausländischen Erzeugnisse über sogenannte Halbgänge. Natürlich nicht
so komfortabel wie die vorwählbaren, servounterstützten Halbgänge der
Schweizerwagen, aber immerhin. Bei Scania konnte man sich offenbar zunächst
nicht einigen, was nun besser sei, beim Hochschalten den Wählhebel nach oben
oder nach unten umzulegen. Nach vier Jahren Produktion entschieden die
Ingenieure in Skandinavien, andersrum sei wohl doch praxisgerechter. Dumm nur,
wenn in einer Fahrzeugflotte beide Typen existierten – und der Chauffeur beim
Wagenwechsel aus Macht der Gewohnheit den Hebel in die nun falsche Richtung
bewegte, also statt in den nächsthöheren Gang einen Gang zurückschaltete. Eine
prachtvolle Beule am Kopf beim plötzlichen Kontakt mit der Windschutzscheibe war
noch das kleinste Übel, es sollen aber ganze Zylinderköpfe durch die Motorhaube
geflogen sein…
Die Gründe für einen Hauber – Sicherheit und Komfort
Im Laufe der Jahre haben Fahrer immer wieder gesagt, dass sie sich am Lenkrad
eines Haubenwagens besonders sicher und geborgen fühlen. Der Fahrer sitzt in
souveräner hoher Position und blickt über eine beeindruckende Motorhaube auf das
Verkehrsgeschehen. Die Sitzposition hinter dem Motor - bei einem längeren
Radstand und weit hinter der Vorderachse – bot auch mehr Fahrkomfort. Beim
Frontlenker ist der Fahrerplatz direkt über dem Vorderrad, wodurch bei den
früheren, ruppigen Blattfedern alle Unebenheiten direkt an den Chauffeur
weitergereicht wurden. Einige Transportunternehmer setzten gezielt auf den
T-Haubenwagen als strapazierfähigen Truck für harten Einsatz, wie z. B. im Bau-
und Anlagenverkehr, oft in Kombination mit einem kurzen Fahrerhaus und besonders
strapazierfähigen Fahrgestelloptionen.
1958: Erster globaler Scania-Lkw
Entscheidend für den Einstieg von Scania-Vabis auf dem Weltmarkt für schwere
Nutzfahrzeuge war das 1958 vorgestellte Modell L75. Das in Europa und Südamerika
in verschiedener Ausführung und Optik hergestellte Modell wurde bis 1980 weiter
gebaut. Zum Einsatz kamen 7- oder 10-Liter-Motoren, die ab 1963 auf 8- bzw.
11-Liter-Motoren aufgewertet wurden.
Zusammenfassung der Bezeichnungen:
L = 4x2 LS = 6x2 LT
= 6x4
Leichtere Versionen des kleineren Motors erhielten die Bezeichnung 55 und 65.
Der 75 wurde im Laufe der Jahre immer wieder aktualisiert: 76 (1963), 110
(1968), 111 (1974).
Haubenwagen waren bis zur Einführung des legendären LB76 im Jahre 1963 das
Flaggschiff des Unternehmens. Der Einstieg von Scania-Vabis auf dem europäischen
Markt erforderte ein raumeffizienteres Konzept, das auch den neuen
Längenregulierungen entsprach.
Das Modell LB76 war ausserordentlich erfolgreich, obwohl die Ingenieure hier
eine Reihe von Kompromissen eingehen mussten, um die Komplexität eines nach vorn
kippbaren Fahrerhauses zu vermeiden. 1968 folgten die Nachfolgeserien LB80 und
LB110, die von Grund auf als Frontlenker entwickelt waren. Von diesem Zeitpunkt
an dominierten Frontlenker die Lw-Produktion von Scania.
1969 brachte Scania seinen legendären 14-Liter V8 auf den Markt, den damals
leistungsstärksten Lw-Motor überhaupt. Dieser Motor fand unter der engen Haube
des L-Modells keinen Platz, aber es gab eindeutig einen Markt für Haubenwagen
mit V8-Triebwerk. Die Ingenieure von Scania konstruierten daher einen völlig
neuen Hauber, der unter der Bezeichnung L140 auf den Markt kam. Dieses Modell,
erstmals auch als „Halbfrontlenker“ konzipiert, basierte komplett auf dem
Frontlenker LB140, war aber gleichzeitig die erste komplette Modulbaureihe von
Scania und damit Vorgänger der GPRT-Baureihe, die 1980 auf den Markt kam.
Seither wurde der T-Haubenwagen konsequent parallel mit anderen Modellen des
Lkw-Programms von Scania weiterentwickelt und mit neuesten technologischen
Innovationen und neuen Antriebssträngen ausgestattet. Durch den flachen
Fahrerhausboden bietet der Haubenwagen ein besonderes Raumangebot sowie einen
hohen Komfort bei Anwendungen, bei denen der Unternehmer die maximal zulässige
Lastzuglänge nicht ausschöpfen konnte oder wollte. |
Der letzte Mohikaner. Scania beendet den Bau von Haubenlenkern per
Oktober dieses Jahres. Damit geht ein halbes Jahrhundert einer
Lastwagenlegende zu Ende. Der Abschied von „Schnauzer“ dürfte nicht
nur vielen Berufschauffeuren schmerzlich fallen.
Mit diesem Modell eroberte Scania ab 1958 den Weltmarkt. Etliche
Lastwagen aus der Anfangsperiode überlebten bis heute, und
verrichten täglich zuverlässig ihr Arbeitspensum.
Vor allem im Bausektor erwiesen sich Scania-Kipper sogar Schweizer
Lastwagenmarken bezüglich Zuverlässigkeit und Langlebigkeit
überlegen.
Der bekannte Schweizer Politiker und Transportunternehmer Ulrich
Giezendanner orderte noch kurz vor „Torschluss“ fünf
Scania-Haubenlenker. Sehr zur Freude seiner Chauffeure. |