Eigentlich gibt es nur zwei (gängige) Arten von Ausnahmetransporten.
Die einen betreffen das Volumen, also massive Überschreitungen von
Länge, Breite und Höhe. Die zweiten beziehen sich auf das Gewicht.
Vielfach kommen jedoch bei extremen Übergewichten auch
Volumenüberschreitungen hinzu. Dann wird es eklig. Früher mussten bei
extremen Schwergewichten mehrere Zug- und Stossfahrzeuge eingesetzt
werden, wodurch ganze, entsprechend schwerfällige Konvois entstanden.
Bei
den heutigen, hochpferdigen Zugmaschinen mit ihren Automatengetrieben ist
diese Problematik kleiner geworden. Sozusagen als "Ausgleich"
wurden die früheren Schwertransport-Routen zwischenzeitlich von den
Verkehrsplanern weitgehend eliminiert - und Verkehrsinseln,
Lichtsignalanlagen sowie Verkehrsberuhigungskreisel angelegt. Viele
einstige Industriezweige können daher ihre Erzeugnisse gar nicht mehr
herstellen, weil der Abtransport zum Empfänger nicht mehr möglich ist.
Eine diesbezügliche Anfrage des Schreibenden an das Bundesamt für
Verkehrswesen wurde mit den Worten beantwortet: "Die Industrie hat
sich nach den bestehenden Strassen- und Verkehrsverhältnissen zu richten
- nicht umgekehrt!" Dass die Verkehrsplaner genau diese Parameter in
eigener Kompetenz konstant zu Ungunsten der Schwerindustrie verändern,
interessiert "Bundesbern" nicht.
Swissmotor fand den Nachttransport eines 180 Tonnen schweren
Hochspannungstrafos vom EWZ-Unterwerk Aubrugg in Zürich-Oerlikon nach
Beznau im Kanton Aargau "dokumentationswürdig", denn immerhin
wies der Gesamtzug das stolze Gewicht von 328 Tonnen auf. Mit einer Länge
von sechzig Metern. Weil der Bodendruck der einzelnen Räder möglichst
gering sein muss, rollten der Nicolas-Auflieger und Nachläufer (zweiter
Anhängerteil) der Firma Friderici auf 112 Reifen! Gesamthaft verfügte
also der Transport über 136 Räder inklusive Zug- (Mercedes 530 PS) und Stossfahrzeug
(Iveco 580 PS).
Neu an diesem Transport war die Eigenschaft des Nicolas-Aufliegers, das
Ladegut, den Trafo, ohne Hilfe eines Krans direkt ab Boden aufnehmen zu
können. Die U-förmige Tragkonstruktion konnte zu diesem Zweck getrennt,
auseinandergezogen und um den Trafo herum an diesem befestigt werden. Die
bordeigene Hydraulik hob anschliessend den Trafo hoch. Wie auch bei andern
Schwertransport-Spezialanhängern heute üblich, vermag die Hydraulik das
Ladegut nicht nur abzusenken oder seitlich zu neigen, sondern auch
zusätzlich anzuheben. Bei dieser Nicolas-Konstruktion sogar bis auf eine
Höhe von 1.60 Meter ab Boden! Auf diese Weise können in engen Kurven
Gartenzäune und sonstige Hindernisse "überfahren" werden.
Operationsbühnen auf dem Auflieger, wie auf dem Nachläufer erlauben
zudem das selektive Ansteuern der einzelnen Achsen. Folglich kann der
"Anhängerteil" einen ganz anderen Radius bestreiten, als er
üblicherweise vom Zugfahrzeug vorgegeben ist. Sogar ein sogenannter
"Hundegang" ist möglich. Das bedingt allerdings ein perfektes
kommunikatives Zusammenspiel der Mannschaft mit den Fahrern, weil
Auflieger und Nachläufer auf diese Weise "eigene Wege" fahren
können. Der Frontfahrer bestimmt also nicht wie früher allein den
"Nachlauf" der Anhängerkomposition. Und der Chauffeur des
Stossfahrzeuges hat nicht nur den Stosswinkel seiner Frontdeichsel zu
beachten.
Dank den beiden einzeln operierenden Kommandoständen auf Auflieger und
Nachläufer konnten bestimmte Kurven- oder Strassenkonstellationen auf
völlig unübliche Weise bewältigt werden. Wenn beispielsweise das
Befahren einer Abzweigung nach rechts wegen der Gesamtlänge nicht
möglich war, ein Abzweigen nach links jedoch schon, bog das Zugfahrzeug
nach links (in die verkehrte Richtung also) ab - und befuhr anschliessend
im Rückwärtsgang das vorgesehene Strassenstück. Gesteuert wurden die
Achsen der Komposition während dieses Manövers vom Mann auf der
rückwärtigen Operationsbühne. Sollte eine Steigung das zeitweise
Abkuppeln vom Stossfahrzeug verbieten, kann dieses gewendet werden und
interimsweise als Zugfahrzeug dienen.
|
Der reparaturbedürftige Trafo unterwegs
Wegen des enormen Gewichtes mit Stossfahrzeug
Meist nur im Schritttempo
Hier zur Abwechslung rückwärts fahrend
Der morgendliche Berufsverkehr dürfte an dem Koloss weniger Freude gehabt
haben.
|