Ford - die tun was...
Einsatzbericht Polizei Arosa

Text und Bilder: Erwin Rommel

Nach 10 Jahren Einsatz und 160'000 km mussten wir uns von unserem Dienstwagen einem Ford Sierra 4x4 trennen. Da die technische Prüfung der MFK im Januar 2001 nicht ohne grössere Investition zu bestehen war, entschied sich der Gemeinderat, einen neuen Dienstwagen anzuschaffen. Aus der gemeinderätlichen Submission machte schlussendlich der Ford Maverick das Rennen.

Diesen „Maverick“ kannte noch niemand von uns, lediglich eine Kopie eines Prospektes (!) hatten wir gesehen. Probefahrten konnten ebenfalls keine gemacht werden, daher hielt sich auch unsere Erwartungshaltung in Grenzen. Allerdings – hübsch sah er aus auf dem Prospekt. Am 15. März sollte er ausgeliefert werden. Besagtes Datum kam - aber kein Ford Maverick . Bis zum 23. Juli wurden wir nur vertröstet und keiner konnte oder wollte uns Auskunft geben. Inzwischen war unser Interesse am Wagen auf den Nullpunkt gesunken. Doch, siehe da, Ford Schweiz teilte uns mit, „unser“ Maverick werde pünktlich zum Geburtstag der Schweiz ausgeliefert. So kam es, dass am 1. August 2001 im engsten Familienkreis  die Schlüsselübergabe stattfand und wir doch noch feststellen mussten: "Ford die tun was".

Das Einsatzgebiet

Das Jahr hat bekanntlich 12 Monate und bei uns in Arosa, auf 1800m Hochgenuss, ist es nun mal fast 7 Monate Winter und lediglich 5 Monate Sommer. Auch in diesen fünf ist es nicht sicher, ob da nicht doch mal einige Zentimeter Schnee anfallen. Somit werden an Fahrzeug und Fahrer relativ hohe Anforderungen gestellt.

Erste Eindrücke

Schon auf den ersten paar Metern bemerkt man, dass sich der Maverick eher wie ein gewöhnlicher Personenwagen fährt und nicht viel mit einem unerschrockenen Geländewagen gemein hat. Der Einstieg in den Maverick ist sehr angenehm und auch für ältere Personen keine Gipfelbesteigung. Der Fussraum ist vorne sowohl als auch hinten geräumig. Auch ich mit 185cm Körperlänge darf  den Sitz nicht in der hintersten Sitzposition einrasten lassen, da ich mich sonst zum Lenkrad vorstrecken muss. Die Bedienungselemente sind übersichtlich angeordnet. Überall wo Ford anscheinend noch Platz für ein Ablagefach gefunden hat ist auch eines. Originell: Der  Aschenbecher lässt sich variabel in alle Getränkefächer einsetzen. Der Maverick verfügt über Fahrer-, Beifahrer- und Seitenairbags. Der Kofferraum ist nicht gerade riesig, aber dennoch geräumig gehalten.

Erste Erfahrungen

Den ersten Kontakt mit Schnee hatten wir mit der Neuwagenbereifung, GoodYear Wrangler HP 225/70R15 M+S. Sehr schnell mussten wir feststellen, dass der Maverick schwer und die Bereifung eher für Autobahnen im Unterland geeignet ist. So kann ein  Anhalten in unseren Regionen zum echten Abenteuer werden. Das ABS hatte „alle Hände voll“  zu tun. Bei Wintereinbruch bekamen wir den Hakkapeliitta C2 225/70R15C mit Spikes. Mit dieser Ausstattung könnte das Fahren eigentlich schon fast vergnüglich werden, - - wäre da nur nicht die erbärmlich schwache Motorleistung. Diese hat nur einen einzigen positiven Aspekt: Der Wagen neigt auch bei Vollgas nie zum seitlichen Ausbrechen...

Praxiserfahrungen (August bis Februar)

Tja, leider kann keiner von uns mit Freudensprüngen aufwarten. In der Elektrik ist der Wurm drin. Je nach Lust und Laune funktionieren einzelne Apparaturen plötzlich nicht mehr (beispielsweise die Scheibenwisch/waschanlage). Am nächsten Tag ist die Funktion wieder einwandfrei, als ob da ein Kobold sein Unwesen treibt. Und dann ist noch die Sache mit den Verkleidungen und Plastikabdeckungen im Innenraum. Diese pflegen ohne Vorwarnung herunterzufallen oder müssen täglich wieder angedrückt werden.

Alle von uns vermissen die „gute alte Regenrinne“ oberhalb der Türen. Zum modisch-gerundeten Erscheinungsbild des Maverick passten offenbar keine Regenrinnen. Bei schneebedecktem Dach fällt Schnee beim Öffnen der Türen auf perfide Weise immer genau auf den Sitz. Vergisst man das sorgfältige Wegwischen vor dem Einsteigen, erinnert den Rest des Tages ein ekelhaft nasser Hosenboden an das Versäumnis. Auch in der Garage sollten die Seitenfenster stets geschlossen bleiben, weil sonst durch die Fensteröffnungen Schmelz- oder Regenwasser vom Dach den direkten Weg auf die Sitzpolster findet.

Nasse Erfahrungen

Unser Polizeidienst bringt es mit sich, dass wir sehr oft ein- und aussteigen müssen. Bei aller Vorsicht gerät trotzdem sehr viel Nässe in den Fussraum. So gestaltet sich der Fussraum schon bald zu einer Nasszone. Dem könnte im Prinzip mit nachts weit geöffneten Türen abgeholfen werden, wäre da nicht Problem Nummer 1 mit den fehlenden Dachrinnen. Bei unserem alten Dienstwagen hatten wir spezielle Plastikwannen, welche als Zubehör erhältlich waren. Für den Maverick gibt es leider keine solchen, beziehungsweise weisen „Universalwannen“ den Nachteil auf, unter die Pedale zu rutschen, was und deren Funktion gefährlich beeinträchtigt. Wir besorgten uns deshalb Original-Gummimatten für den Maverick. Leider passen diese so super in den Fussraum, dass man sie nicht aus dem Fahrzeug bekommt, ohne zuvor den gesamten Inhalt in den Innenraum zu leeren. Für das permanent nasse Fahrzeug wäre daher  eine Frontscheibenheizung wünschenswert.

Gebrauchserfahrungen

Zwar ist der Ford Maverick im stolzen Besitze von fünf Gängen. In unserer Region benötigen wir jedoch nur deren drei (zu 70% auch nur die ersten beiden). Dem Getriebe scheint das ganz und gar nicht zu bekommen, denn die Synchronisierung der einzelnen Gänge schwindet von Tag zu Tag. Bei Minustemperaturen, wenn der Maverick mal draussen in der kalten Nacht war, wird das Schalten fast schon zum Meisterstück. Die Kupplung schwindet ebenfalls im Minutentakt und der gute Duft ist jedem von uns schon bestens bekannt - nur Mitfahrende wundern sich stets über eigenartigen Geruch im Innenraum. Weil der Motor zu schwach und das Getriebe ebenfalls nicht für Off-Road/On-Road ausgelegt ist, gehört die Kupplung offenbar ins Kapitel „Verbrauchsmaterial“. Wir fragten uns schon oft, was Ford mit seiner Maverick-Werbung "100% On-Road und 100% Off-Road" wohl meint....

Verbrauchserfahrungen

Der mit unserem Patrouillen-Fahrzeug gezeitigte Treibstoffverbrauch liegt um rund 100% höher als Ford in den Prospekten angibt. In der schneefreien Zeit liegt der Durchschnittsverbrauch bei 15 Litern auf 100 Kilometer und im Winter sind es eben 20 Liter. Aber es gibt auch positives zu berichten. So verdient an dieser Stelle die zweiteilige Hecktüre eine lobenswerte Erwähnung. Auch die Plastik-Stossstangen, welche bei Berührungen etwas nachgeben und nicht gleich splittern. Auch zwei zusätzlich angebrachte 12V Steckdosen leisten gute Dienste. Und last but not least das formschöne Aussehen welches täglich Passanten anzieht, wenn wir den Dienstwagen in der Öffentlichkeit abstellen.

Anhänger-Erfahrungen

Hiezu muss ich beschämt vermerken, diesbezüglich keine allzu reichhaltigen Erfahrungen gemacht zu haben. Wir muten dem Maverick möglichst wenig Anhängerfahrten zu, weil er schon recht Mühe bekundet, lächerliche 350 kg Anhängelast zu bewegen. Zum Glück ist die Anhängekupplung abnehmbar.

An ein Abschleppen eines steckengebliebenen Fahrzeuges ist schlichtweg nicht zu denken. Ausser der Kupplung (die immer weniger wird) tut sich praktisch nichts. Und wir geben uns mit unserem stolzen und formschönen Polizei-Geländewagen nur ungern der Lächerlichkeit umstehenden Publikums preis.

Geländeerfahrungen

Geeignetes Gelände für ein polizeiliches Offroadfahrzeug hätten wir in unserem Einsatzgebiet vorzuweisen. Wenn es aber so richtig losgeht, ist man mit einem guten Bergschuh besser bedient und lässt den Maverick klugerweise auf dem Parkplatz stehen. Dort macht er wenigstens eine gute Figur. Auf den Alpstrassen, wo andere vierradgetriebene Fahrzeuge flott vorankommen, bietet unser Maverick ein Bild des Jammers. Nicht nur im „soften“ Gelände, sondern auch auf steilen Strassenabschnitten fehlt dem schwachbrüstigen Motor die nötige Leistung – was eine Gelände-Reduktion zumindest kompensieren würde. Anfahrten mit Vollgas und rauchender Kupplung haben sich als einziges Mittel gegen das Abwürgen des Motors erwiesen. Aber auch die weit herunterreichenden Querlenker an der Hinterachse zeigen deutlich Merkmale eines „Möchtegern-Offroaders“.

Strassenerfahrungen

Auf unseren kurvenreichen Landstrassen überraschte uns der Maverick durch seine Stabilität und Agilität – - allerdings nur bergab. Bergauf hat man schon mal das Gefühl, das Gaspedal sei im Motorraum und der dritte Gang ein unnötiges Zubehörteil. Die Klimaanlage darf auf keinen Fall betätigt werden sonst hat man gleich das Gefühl man habe kurz das Bremspedal bedient.

Erfahrung mit der Polizeiausrüstung

Lichtbalken stammt aus dem Hause Marty AG Flurlingen (Vama Doppelblitzanlage) und hat die Funktionen: Blaulichtanlage, Warnblinkeranlage, Durchsageanlage, Suchscheinwerfer rechts und Links Matrix hinten (5 Texte) und vorne Stop Polizei und kostete sFr. 7000.--. Sehr viel Elektronik zu einem relativ niedrigen Preis. Das Bedienteil ist zigarettenschachtelgross und enthält alle Funktionen sowie das Mikrophon. Es kann sehr gut im Fahrzeug montiert werden, da sämtliche Elektronik im Balken untergebracht ist. Der Balken wurde durch unseren Fordhändler direkt auf die Dachrelingsträger montiert. Durch diese Montage ist der Balken noch einige Zentimeter höher – sehr praktisch im Winter bei Neuschnee, denn der Lichtbalken wird nicht mehr mit Schnee zugedeckt und von Verkehrsteilnehmern deutlicher wahrgenommen. Bei erhöhtem Blaulichteinsatz in Verkehrsreichen Regionen sind Frontblitzer jedoch unerlässlich.

Fazit:

Der Käufer erhält viel Auto für relativ wenig Geld. Als Polizeifahrzeug in den Alpen ist der 2.0l Ford Maverick 4x4 ungeeignet. Bis jetzt hatten wir noch keine Reparaturen  - aber es lässt sich unschwer erahnen was uns in Zukunft erwartet. Da kann man nur hoffen, dass Ford noch mal was tut.

Wir forderten:
  • Allradfahrzeug mit permanentem 4x4 Getriebe
  • Kombi oder Off-Road
  • 5-türig
  • Hohe Bodenfreiheit
  • Wagenfarbe weiss
  • Automatik-Getriebe wünschenswert
  • ABS
  • Airbag
  • Radio
  • Anhängerkupplung
  • 8-fach Bereifung
  • Polizeiausrüstung
  • Kosten max. sFr. 40'000.—

 Wir erhielten:

  • Allradfahrzeug mit permanentem 4x4 Getriebe
  • soft Off-Roader
  • 2.0l 16V Zetec124PS (Mondeo Motor)
  • 5-türig
  • Hohe Bodenfreiheit
  • Wagenfarbe weiss
  • 5 Gang Schaltgetriebe
  • ABS
  • Airbag
  • Sonnendach
  • Klimaanlage
  • Radio
  • Anhängerkupplung
  • 8-fach Bereifung
  • Polizeiausrüstung
  • Kosten: Maverick sFr. 31'000.--, Polizeiausrüstung sFr. 7'000.--, Beschriftung sFr. 1'500.--


Der Ford Maverick 2,0 4x4 der Polizei Arosa. Ein schönes Auto in einer noch schöneren Gegend.


Der Lichtbalken, ein kleines technisches Wunderwerk, enthält alle wichtigen Bauteile.


Daher beschränkt sich die Bedienungs-Einheit im Wagen auf dieses kleine Paneel.


Der Verfasser am Lenkrad.


Sauber in die Stossstange verarbeitete Anhängerkupplung (demontierbar). Auch das Auspuffrohr steht nicht vor.


Böschungswinkel praxiskonform.


Einsatzbild vom „alltäglichen“ Geschehen in einem Wintersport- und Kurort.


Meist sieht es so aus im Einsatzgebiet.


Bergab läuft er am besten. 


Viel mehr „Gelände“ bewältigt er leider nicht.

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Noch herrschte Freude über das neue „Geländefahrzeug“ der Polizei.

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Aber schon in den ersten Einsätzen zeigten sich empfindliche Schwachstellen

 


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