Eulen statt Baumstrünke

Bildbericht Ruedi Baumann

BPZ / Aufmerksame Spaziergänger bemerkten im Grossraum Horgen / Zimmerberg schon längere Zeit die auf vereinzelten Baumstrünken sitzenden Eulen – und fragen sich wohl mitunter, welcher unbekannte Künstler hier am Werk gewesen sei. Zumal man erst aus naher Distanz entdeckt, dass die scharf nach Beute Ausschau haltenden Tiere aus Holz geschnitzt sind.

„Geschnitzt“ ist übertrieben; es sind eher grobe Konturen, welche jedoch infolge der mit der Zeit entstehenden Patina ein frappant echtes Aussehen bekommen. Tatsächlich dauert das Erschaffen der Skulpturen keine vier Minuten, das demonstrierte uns der „heimliche“ Täter, Forst-Vorarbeiter Toni Wobmann aus Adliswil.

Seine anfängliche „Schnapsidee“, bei gefällten Bäumen am Waldesrand oder in der Nähe von Spazierwegen einzelne der übrig gebliebenen Strünke mit der Kettensäge so zu bearbeiten, dass ein Teil des Baumstrunkes zur Eule wurde, ist inzwischen offenbar zum begehrten Kunstobjekt geworden. Förster aus den umliegenden Gegenden fragen den Adliswiler Forstarbeiter regelmässig an, ob er auch Holzschläge ihrer Wälder, Wanderwege und Waldränder kurz „verschönern“ könne.

Erfreulicherweise blieben die kleinen Kunstwerke bislang weitgehend unbeschädigt – was unter anderem auch daran liegen mag, dass sie während der warmen Jahreszeit durch das rundum spriessende Buschwerk mehrheitlich den Blicken entzogen sind. Einzelne Eulen begannen sogar, nach dem Einsetzen der Wachstumsperiode bei den Ohren neue Spriesse zu bilden, wodurch die Holzvögel ein noch waldkauzähnlicheres Aussehen bekamen. Die „Restlebensdauer“ der kleinen Skulpturen ist je nach Art des Holzes unterschiedlich. Zeitgleich mit dem absterbenden Baumstrunk werden auch die Vögel irgendwann wieder verschwunden sein.

So ganz von ungefähr hatte Toni Wobmann die Idee nicht: „Meine Ehefrau begann vor Jahren mit dem hobbymässigen Sammeln von holzgeschnitzten Eulen“, erklärte er. „Ich studierte die einzelnen Vögel und betrachtete die Grundzüge der Strukturen. Dabei fiel mir - eher zufällig - auf, dass einfache, ja grobe Strukturen aus der Ferne viel echter wirkten, als Skulpturen, bei denen jede einzelne Feder herausgearbeitet war.“ Beim nächsten Auslichten von Waldrändern nahm Wobmann nach Feierabend die Kettensäge und testete sein Talent als „Grobstruktur-Künstler“. Das Ergebnis überraschte ihn selbst am meisten. Zunächst verschwieg er seinen Arbeitskollegen gegenüber den heimlichen Erschaffer der Holzvögel. Natürlich wurde es dann trotzdem ruchbar. Inzwischen sind auch Haus- und Grundeigentümer auf den Kettensäge-Künstler aufmerksam geworden, wodurch sich seine Feierabend- oder Wochenendtätigkeit mitunter etwas ausdehnt…

In unserer Diashow nimmt er sehr profimässig hinter einem zu bearbeitenden Baumstrunk Aufstellung, betrachtet kurz die Umgebung, setzt die Kettensäge an, ein paar wenige gezielte Schnitte – und schon ist die Skulptur fertig. Zwei an strategisch richtiger Stelle hineingehauene Nägel plus Unterlagscheiben ergeben frappant echte Augen. Interessanterweise gelingt es ihm in dieser extrem kurzen Zeit, dem Tier eine Pose kurz vor dem Abflug zum Beutefang zu verleihen.

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