Bremach "Brick" 4x4 - die preisgünstige Alternative

Text & Bilder: Ruedi Baumann

BPZ / Auf dem Sektor 3,5 - 5 Tonnen existiert heute kaum mehr ein hochgeländegängiges Nutzfahrzeug einer Grossmarke, zumal Mercedes/Unimog den Bau ihrer kleineren Varianten mit Markteinführung der neuen Baureihen U 300-500 eingestellt hat. Trotzdem ist Nachwuchs vorhanden. Den DURO kennt inzwischen jeder Schweizer, den Teknocar (CH-Importeur: Rölli AG, Stans) kennen die Besucher unserer HP inzwischen auch.
Nun nahmen wir einen weiteren "Italiener", den neuen Bremach "Brick 4x4" unter die Lupe.

Eigentlich könnte man beim Markennamen "Bremach" auf ein deutsches, oder österreichisches Produkt schliessen. Falsch. Seine Geburtsstätte liegt im italienischen Varese. BREMACH S.p.A. produziert Allzweckfahrzeuge seit 1956! Obwohl der Bremach ein ausgesprochen eigenständiges Erscheinungsbild spazieren führt, ist er dennoch kein "Exote" (mit all den lästigen Begleiterscheinungen, wie komplizierte Ersatzteilbeschaffung und dergleichen). Seine Fahrwerkskomponenten stammen mehrheitlich aus dem Hause Iveco, wodurch ein Hauptproblem schon vom Tisch ist. Zudem sind viele Verschleissteile seitengleich, was die Sache noch mehr vereinfacht.

Der Hauptunterschied zu seinen "Verwandten" derselben Fahrzeugklasse besteht im Prinzip bei den Achsen. Der Bremach besitzt ganz normale, von Parabelfedern geführte Starrachsen. Also weder Portalachsen, noch Ritzelantrieb, noch Aussenplaneten, noch doppelte Rücksetzung bei den Achsdifferentialen. Motor ist ein direkteingespritzter Iveco-Vierzylinder Turbodiesel - ohne Intercooler - von 2,8 lt Hubraum und 103 PS. Mit mechanisch gesteuerter Verteilerpumpe, eine Seltenheit heutzutage. Am Motor direkt angeflanscht ist ein Iveco-5-Gang-Schaltgetriebe mit Halbgängen. Das Verteilergetriebe BK20 stammt von Bremach und ergibt mit drei Stellungen insgesamt 20 Vorwärtsgänge. Beim 4x4 (es gibt ihn auch als 4x2) ist der Allradantrieb bei voller Fahrt zuschaltbar, die Untersetzungen dagegen nur im Stillstand. Der Bremach hat kein Reversiergetriebe! Je nach Achsübersetzung und Reifendimension beträgt die Höchstgeschwindigkeit bis ca. 135 km/h.

Neue Modelle "Brick" und "Extreme"

Den Bremach mit der bisherigen Karosserieform sieht man in der Schweiz relativ oft als Kommunalfahrzeug. Als Dreiseitenkipper, wie als Kombi mit Doppelkabine und Pritsche. Wie der ältere (grosse) Unimog weist er eine ziemlich kantige Schnauze auf, welche die Sicht vom Fahrerplatz auf Anbaugeräte und das zu befahrende Terrain einigermassen einschränkt. Die neuen Modelle "Brick" und "Extreme" (Letzterer ist der etwas grössere 5,5 Tonnen-Bruder mit 122 PS-Motor) bekamen neue Karosserien/Fahrerhäuser mit sanft gerundeten, an den vorderen Eckpunkten stromlinienförmig "eingedellten" Einbuchtungen. Die Sicht nach vorne/unten/seitlich wurde dadurch erheblich verbessert. Zudem sieht es unheimlich elegant aus.

Drei Scheibenwischer sorgen für optimale Sicht, auch bei Schneeräumungsarbeiten. Sehr praxiskonform sind auch die Einstiege mit den drei Treppenstufen (dort, wo man sie beim Ein-, hauptsächlich aber beim Ausstieg erwartet). ISRI-Federsitz beim Fahrer ist Serie, beim Mitfahrer jedoch Option. Beeindruckend fand der Verfasser die senkrecht öffnende Motorhaube (aus GFK) und die dadurch erzielte, extrem gute Zugänglichkeit zum Motor und den diversen "Checkpoints".

Die - heute nicht mehr übliche - grosse Zahl von Schmiernippeln (sogar die Türscharniere weisen Schmiernippel auf!) zeugt von ausgereiftem Praxisdenken seiner Konstrukteure. Ob jedoch alle Bremach-Fahrer periodisch mit der Fettpresse dem Fahrzeug zu Leibe rücken - und damit lästige und kostspielige Reparaturen vermeiden - ist die andere Frage... Der (heute pensionierte) Betriebsleiter der LARAG Wil SG meinte einmal zum Verfasser: "Es gibt nur zwei Arten von Lastwagenfahrern. Die eine schmiert, die andere putzt. Beides gleichzeitig beisst sich." Für den Bremach, beziehungsweise seine Benutzer, dürfte diese "Weisheit" wieder voll in Kraft treten.

Überraschend rassig

Der erste Eindruck beim Fahren mit dem "Brick" 4x4 war, wie nicht anders zu erwarten bei einem derartigen Fahrzeug, der eines ziemlich ruppigen Vehikels. Zwar federn Parabelfedern - die Hinterachse weist ein leer nicht anliegendes Zusatzfederblatt auf - wesentlich komfortabler als reine Blattfedern. Aber beim 3,5-Tonnen "Brick" handelt es sich im Prinzip um ein 4,5 Tonnen-Fahrzeug, daher sind die Federn (und das gesamte Fahrzeug) für ein höheres Gesamtgewicht ausgelegt, also eigentlich "überdimensioniert". Das ist gar nicht schlecht, denn es erhöht die Lebensdauer beträchtlich.

Die Kraftentfaltung des Iveco-Diesels überraschte total. Beim brüsken Gasgeben aus Kurven heraus drehte regelmässig das kurveninnere Hinterrad auf dem Asphalt durch. Eine saubere, auf die Motordrehzahlen perfekt abgestimmte Schaltung ermöglichte ein unheimlich speditives Vorwärtskommen auch in extrem hügeligem Gelände. Wie beim Teknocar vermissten wir beim Bremach ebenfalls eine verschleisslose Nutzbremse. Gemäss Iveco verträgt der Motor keine Staudruckbremse. Schade.

Und bist du nicht willig, .....!

Beim brandneuen Fahrzeug geriet die Schalterei anfänglich etwas "hakelig", oftmals musste beidhändig zugegriffen werden. Das Schalten der Halbgänge, sowie auch der Untersetzung, wollte anfänglich überhaupt nicht gelingen. Sowohl beim Halbgang wie bei der Reduktion war das Vorhaben lediglich vom Resultat begleitet, überhaupt keinen Gang mehr im Eingriff zu haben. Als dann vom Schreibenden die Hebeleien ziemlich brachial betätigt wurden, klappte es plötzlich einwandfrei. "Einfahren" nennt man das wohl.... Das Umschalten von 4x2 in den 4x4-Modus gelang einwandfrei. Mechanisch bedingt - kein Ausgleichdifferential im Verteilergetriebe - musste zum Ausschalten des 4x4 entweder dem Gaspedal ein kurzer Tritt verpasst, oder die Kupplung betätigt werden.

Aua!

Im Extremgelände schnitt der "Brick" weniger gut ab. Böschungswinkel und Bauchfreiheit setzten keine (der sonst üblichen) Grenzen. Leider jedoch die durch den weit vorne angeordneten Motor bewirkte Kopflastigkeit. Wahrscheinlich spielte auch das Strassen-Reifenprofil unseres unbeladenen Testwagens eine Rolle, jedenfalls endeten Steilfahrten erstaunlich bald mit kläglichem "Eingraben" der Antriebsräder.

Erst der allerletzte Geländetrick ohne zusätzliche Hilfsmittel, Rückwärtsfahren bergauf im Strassengang und Vollgas, zeitigte Wirkung (ist jedoch nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen). Unser Fahrzeug verfügte serienmässig über eine elektrisch zuschaltbare, 100%-Hinterachssperre - für Extremeinsätze würden wir optional den zusätzlichen Einbau einer Vorderachssperre (ca. 1000 Franken) dringend empfehlen.

Fazit:

Der Bremach ist ein durch und durch praxisorientiertes, fertiges Fahrzeug. Solideste Bauweise und bewährte Komponenten ergeben (bei halbwegs sorgfältiger Pflege) eine sehr hohe Lebensdauer. Dank eines ausgesprochen günstigen Kaufpreises - teure Optionen sind kaum notwendig - eine gute Wertanlage für Kommunalbetriebe und dergleichen also. Zumal er mit seiner Gesamtkonzeption für Anhängerbetrieb geradezu prädestiniert ist. Die NATO-Zertifizierung des Bremach beseitigt nachhaltig alle Zweifel an seiner Tauglichkeit. Dass er beispielsweise mit Doppelkabine und gedeckter Pritsche auch als Privatfahrzeug unheimlich viel Spass vermitteln kann, müssen wie hier wohl nicht extra erwähnen.

Das italienische, im grenznahen Varese ansässige Kleinunternehmen Bremach S.p.A. baut seit 1956 in kleinen Stückzahlen äusserst geländegängige Spezialfahrzeuge und Geräteträger für Kommunal- und Gewerbebetriebe, für die Armee und für waghalsige Expeditionen bis ans Ende der Welt und zurück. Geliefert wird in über 20 Länder weltweit, der Marktanteil in Italien beträgt 60%.
Die beiden neuesten Modelle"Extreme" und»Brick" können mit Einzel-, Doppel- und Dreierkabine, oder mit Kastenaufbau von der LSVA-freien 3,5 t-Version bis hin zum 5t-Lastwagen mit 2310 kg Nutziast und 8000 kg Zuggesamtgewicht bestellt werden. Neben der umfassenden Serienausstattung sind allerlei nützliches Zubehör und viele Anbaugeräte erhältlich.
Mit 100%-Differentialsperre sind beide Bremach leistungsfähige Arbeitstiere für alle vier Jahreszeiten - auch an den unmöglichsten Orten.

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Als Zugmaschine für Anhänger erfüllt der Bremach alle Wünsche.
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Sogar eine elektrische Kipper-Fernbedienung ist Serie.
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Das Antriebskonzept ähnelt überraschend dem des ursprünglichen Unimog - allerdings ohne Portalachsen.
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Simple, und doch durchdachte Achskonstruktion mit kräftig zupackenden Scheibenbremsen.

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Preisgünstiger Vielkönner. Mit seiner neuen Kabine und der elegant geschwungenen Motorhaube sieht man dem Bremach "Brick" 4x4 nicht unbedingt an, dass er ein unheimlich praxisorientiertes Arbeitsgerät ist.

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Mit Karacho seitwärts in den Steilhang. Mangels vorderer Diffsperre endete das Experiment schon in den Ansätzen kläglich. Das Erklettern von extremen Steilhängen zählt nicht unbedingt zu seinen Stärken. Eine Vorderachs-Sperre (optional erhältlich) würde dieses Manko erfolgreich beseitigen.

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Wenn Blattfedern an ihre Grenze gelangen. Zwar ergeben die Parabelfedern des Bremach einen im Vergleich zu herkömmlichen Blattfedern höheren Fahrkomfort. Leider ist ziemlich rasch das Ende der Verschränkung erreicht - und einzelne Räder heben ab.

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Trotz eleganter Karosserie wurden Böschungswinkel und dergleichen grösste Aufmerksamkeit geschenkt. Man beachte auch den praxisgerechten Einstieg.

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Keine sündhaft teuren Achskonstruktionen, sondern simple, solide Starrachsen hinten und vorne.

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Hier ist der Bremach in seinem Element. Seine Abmessungen und Fähigkeiten machen ihn zum idealen Forstfahrzeug.

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Auch das Interieur lässt sich sehen (bloss der Tacho wird durch die Lenkradspeiche etwas verdeckt). Alle Hebel in Griffnähe des Fahrers angeordnet. Sogar elektrische Fensterheber hat er.

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Gute Zugänglichkeit zum Motor und den "Checkpoints" dank einer senkrecht öffnenden Motorhaube.

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