"COBRA" - auf Gummireifen von Pratteln nach Zürich

Text und Bilder Ruedi Baumann

BPZ / Ein ziemlich aussergewöhnlicher Schwertransport bewegte sich in der Nacht vom 17. auf den 18. Mai von Pratteln nach Zürich. Das erste Tram einer Neubauserie "COBRA" zürichblauweisser VBZ-Tramzüge rollte unüblicherweise als Ausnahmetransport (AT) auf dem Strassenweg an seinen künftigen Einsatzort. Sobald die neue Strassenbahn ihre ersten Probefahrten absolviert hat, folgen weitere Tramzüge auf die gleiche Weise nach.

Grund für den Strassen-Transport ist die enorme Länge des in vielen Punkten revolutionären Neubau-Trams. Bislang fanden ähnliche Transporte stets mit Spezialwaggons auf der Schiene statt. Obwohl "COBRA" ein mehrgliedriges Strassenbahnfahrzeug ist, soll gemäss Herstellerwerk Bombardier in Pratteln ein für den Schienentransport erforderliches Zertrennen zu aufwendig sein. Unüblich bei nächtlichen Ausnahmetransporten waren die Heerscharen von Fotografen und Fernseh-Teams, welche an "allergischen" Passagen dem ersten "COBRA" ihre Aufwartung machten.

Den Transportauftrag übernahm die Firma Friderici SA, Mägenwil, mietete jedoch ein Genfer Spezialunternehmen mit einer 8x6 Iveco-Zugmaschine und einem teleskopierbaren 2x4-Achs-Nicolas-Anhänger mit pneumatischer Niveau-Verstellung ein. Ein kurzzeitiges Absenken der Plattform um fünf Zentimeter war möglich - und wurde auch oft benötigt. Die Länge des Transportes betrug 44,10 Meter, die Breite 2,90 Meter und die Höhe 4,40 Meter. Gewicht: 109 Tonnen. Wendekreis: weit über 30 Meter! Bezüglich Gewicht und Breite also kaum ein Problem, die Höhe schon eher - und die Länge hatte es buchstäblich "in sich". Der zwangsgelenkte Anhänger erforderte vom Fahrer in der Zugmaschine eine wahre Meisterleistung, denn bei dieser Anhängerbauweise konnten nicht mit Hilfsaggregaten und hydraulischen Eingriffen nach- und vorlaufende Anhängerteile im Spurlauf korrigiert werden.

Schon fast als Sensation mag daher gelten, dass der Transport lediglich mit einstündiger Verspätung auf den Zeitplan in der VBZ-Zentralwerkstätte in Zürich ankam. Oftmals waren es dumme, kleine Hindernisse, die man beim vorherigen Rekognoszieren der Strecke übersehen hatte, welche dann für ärgerliche Zwischenstops sorgten. So trugen beispielsweise die Alleebäume frühlingshaft frische, teilweise tiefhängende Blätterkronen. Eine Folge der paar sommerlichen Tage und warmen Regenfälle. Die VBZ hätten kaum Freude an einem frisch lackierten, nun aber von Zweigen und Ästen zerkratzten Tram gehabt. Beim vorherigen Abfahren der Strecke waren besagte Bäume noch fast kahl und stellten keine offensichtlichen Behinderungen dar...

Die "COBRA" Tramzüge sollen in Zürich eine Trendwende bringen. Nicht nur die schnittig abgerundete äussere Formgebung kündet sichtbar von einer Abkehr von der eckigen Bauweise der letzten Serie "Tram 2000". Erstmals kommt beim Zürcher Tram auch eine vollständig neue Antriebsweise zur Anwendung. Der (oder "die") mehrgliedrige "COBRA" besitzt ein Niederflurfahrwerk und Einzelradaufhängung mit aussenliegenden, wassergekühlten Asynchronmotoren.

Ein ausgeklügeltes System von Lenkern sorgt in Kurven für radiale Einstellung der seitenselektiven Räder und Antriebe. Damit soll das lästige Kurvenkreischen endlich der Vergangenheit angehören. Entwicklung und Erprobung dieser Antriebsart dauerten rund zehn Jahre (SIG und Schindler Waggon AG).

Cobra_1.jpg (107548 Byte)
Das erste, vielgliedrige Neubautram "COBRA" der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) erreicht seinen künftigen "Arbeitspatz" auf dem Strassenweg.

Cobra_2.jpg (67624 Byte)
Aergerliche kleine Hindernisse (hier ein reifenmordender Randstein) werfen bei derartigen Transporten stets den Zeitplan über den Haufen.

Cobra_3.jpg (106066 Byte)
Für den Chauffeur buchstäbliche Millimeterarbeit, weil der Tiefgang-Anhänger nur über die Deichsel gelenkt wird.

 


Das auszugsweise Kopieren, Vervielfältigen oder Abdrucken von Artikeln und Bildern von dieser Website zu gewerblichen Zwecken ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung
der Swissmotor-Chefredaktion gestattet.