Langzeittest: Der neue Daewoo Musso/Korando 

Text und Bilder: Ruedi Baumann

BPZ/ Wir testeten den SsangYong Musso E32 während zwei Jahren und nun den Daewoo Musso E32 auch wieder ein Jahr. Gesamtzahl gefahrene Kilometer: rund 50'000. Aergernisse: insgesamt drei. Beim SsangYong stimmte anfänglich die Grundeinstellung des elektronischen Motormanagements nicht, worauf er letztlich nur noch soff statt lief. Kurzes Neuprogrammieren und die Sache hatte sich. Bei der Handbremse hatten die Mechaniker weniger Glück; sie funktionierte entweder gar nicht, oder dann nur beim Parkieren in Fahrtrichtung vorwärts bergab. Und auch das bloss in Ansätzen.

Beim Daewoo streikte bei Kilometerstand 10'009 plötzlich das „Gehirn“ des Wagens, das elektronische Steuergerät deutscher Herkunft. Weiterhumpeln bis zur nächsten Vertretung mit vier anstelle von sechs Zylindern. Ziemliches Erschrecken, als beim Erreichen des Zielortes die Auspuffrohre weiss glühten. Auswechseln von Steuergerät und Katalysatoren (die waren infolge des in den Auspuff geratenen, unverbrannten Kraftstoffes natürlich hinüber). Ausser diesen „erzwungenen“ Werkstattbesuchen – und zum periodischen Service/Oelwechsel - sahen die beiden Testlinge nie eine Autowerkstatt von innen, was ihrer Zuverlässigkeit ein hervorragendes Zeugnis ausstellt. Glücklicherweise hatte der Verfasser Gelegenheit, zwischenzeitlich auch die andern „Familienmitglieder“, den Musso E23 mit Vierzylindermotor, den Musso mit Intercooler- Turbdiesel, sowie den Korando (ebenfalls mit unterschiedlicher Motorisierung) ausgiebig zu fahren, was ihm inzwischen eine umfassende Kenntnis der ganzen Flotte verschafft.

Augenfällige Details

Mit dem Verkauf von SsangYong an Daewoo war gleichzeitig ein Modellwechsel verbunden, welcher sich nicht nur mit wesentlich günstigeren Preisen manifestierte. Äusserlich fallen etliche Unterschiede zwischen dem vorherigen SsangYong und jetzigen Daewoo Musso auf. Augenfälligstes Merkmal ist der Kühlergrill in Chrom. Aber die ganze Front partie ab Windschutzscheibe ist neu konzipiert. So weist die Motorhaube eine grössere Wölbung auf, wodurch der Wagen nicht nur grösser wirkt, infolge der grösseren Distanz zu Motor und Kühler heizt sie sich auch weniger auf. Zudem wurden die Lufteinlassöffnungen im Frontspoiler grösser.

Mehr Schein als sein

Polycarbonat-Scheinwerfer mit Higtech-Reflektoren ersetzen die vormals schräggestellten Scheinwerfer mit Glaslinsen. Um eine allfällige Ueber hitzung im Lampeninnern zu vermeiden, brennen bei Vollicht nunmehr Abblendlicht und Weitstrahler; der zweite Glühwendel der H4 Halogen lampe Abblendung/Scheinwerfer besitzt keinen Stromanschluss und bleibt daher funktionslos. Daher erfolgt beim Vorgängermodell eine bessere Ausleuchtung der Strasse (bei Vollicht). Die voluminösen Kunststoff-Seitenschürzen sind schmalen GFK-Seitenleisten gewichen, wodurch der Wagen zierlicher wirkt, jedoch gegen Beschädigungen rücksichtslos geöffneter Nachbar-Autotüren verletzlicher wurde. Auch die Heckpartie wurde dezent überarbeitet und mit Heckleuchten versehen, die den Namen auch verdienen. Geblieben sind die riesigen Nebel- Schlussleuchten (die beim nächtlichen Rückwärtsmanövrieren wesentlich wirkungsvoller sind, als die weissen Rückfahrlampen). Man sollte sie jedoch im normalen Fahrbetrieb nur bei wirklich dichter Nebelsuppe betätigen; die Dinger blenden nachkommende Fahrzeuglenker fürchterlich.

Kleinigkeiten, aber...

Den Konstrukteuren gebührt ein kleines Kompliment. Etliche der zwar nicht gravierenden, aber dennoch ärgerlichen Mängel wurden eliminiert. So erfuhren beispielsweise die Bremszangen der Scheibenbremsen eine Verbesserung, wodurch nun die Bremsen feiner dosierbar, aber entschlossener zupacken. Bei der Handbremse – einer ärgerliche Schwachstelle des vormaligen SsangYong - müssen auch Modifikationen Einzug gehalten haben. Nicht nur ist sie um hundert Prozent wirkungsvoller geworden, sie wartet nun auch nicht mehr mit plötzlicher Funktionslosigkeit auf. 

Die vordem vielfach als zu direkt empfundene Zahnstangenlenkung besticht neu durch eine feinere Untersetzung. Unter den Geländekombis verfügt der Musso über den absolut grössten Stauraum. Nicht mehr so bretthart wie vordem, sondern progressiv feiner abgestuft, erlauben die Federn noch immer gewaltige Zuladungen. Das „Gehoppel“ des Wagens im unbeladenen Zustand (und Geklapper im Innenraum) wurde jedoch durch eine geänderte Feder- und Stossdämpferkennung frappant gedämpft. 

Bei der Instrumentierung hat man sich bezüglich Modifikationen stark zurückgehalten. Einige Tasten sind hinzugekommen, andere weggelassen und die vormals weissen Anzeigen leuchten nun in dezentem Grün. Eine Aussentemperaturanzeige erachtete man offenbar – im Gegensatz zu uns – noch immer als überflüssig. Das etwas billig wirkende Wurzelholz-Dekor ist einem nichtglänzenden Material in röterem Farbton gewichen. Der zu knapp bemessene Treibstofftank (60 Liter) blieb ihm leider erhalten. 

Dass der Intervallschalter des Heckscheibenwischers einem etwas befremdlichen Rationalisierungsdrang zum Opfer gefallen ist, hätt’s nicht gebraucht.

Ach..!

Trieb- und Fahrwerk wurden praktisch unverändert übernommen, wodurch der E32 nach wie vor mit geradezu sensationellen Beschleunigungswerten aufwartet. Im schweren Anhängerbetrieb sollte beim Automatengetriebe tunlichst von Hand die Gangwahl beeinflusst werden. Der mechanische Automat „bemerkt“ nämlich den Anhänger nicht, wird bei Bergfahrt in Getriebestellung „Drive“ immer langsamer, um dann bei Kickdown im niedrigeren Gang wie mit einem Nachbrenner loszupreschen. Sobald die Sollgeschwindigkeit erreicht ist, schaltet der Automat wieder hoch – und das Spiel beginnt von neuem. Der von Hand eingelegte 2. oder 3. Gang sorgt für Abhilfe. Dasselbe gilt auch für Talfahrt, will man die Bremsen schonen.

Obwohl dem Motor ein neuer Viscolüfter verpasst wurde (weniger Temperaturschwankungen), überrascht noch immer die extrem kurze Aufwärmzeit nach dem Kaltstart. Allerdings dämpft der neue Lüfter die Spurtfreudigkeit etwas, da er bei warmen Aussentemperaturen stets mitdreht. Sparsam im Verbrauch, das kann hier auch angemerkt werden, ist der Mercedes-Sechszylindermotor des Musso E32 nun wirklich nicht. Beschleunigungswerte von 0 auf 100 bei weit unter zehn Sekunden mit einem mehr als zwei Tonnen schweren Wagen fressen logischerweise Energie. Durch entsprechende Fahrweise lässt sich der Treibstoffverbrauch jedoch (etwas) beeinflussen. 

Geblieben ist dem Daewoo Musso die legendäre Zuverlässigkeit des vormaligen SsangYong. Dass er nun zu wesentlich günstigeren Nettopreisen zu haben ist, dürfte die Käufer der Vorgängermodelle ziemlich ärgern.

Eine Rose für den Diesel

Wer zügig vorankommen möchte, ohne stets den ebenfalls zügig nach unten wandernden Zeiger der Treibstoffanzeige mit bangem Blick zu verfolgen, ist mit dem 2,9 Liter Fünfzylinder-Vorkammer-Turbodiesel (mit Ladeluftkühler vor dem Wasserkühler) besser bedient. Obwohl er im Vergleich zum Sechszylinder-Benziner mit rund 100 PS weniger Leistung aufwartet, überrascht er mit seinem bärenhaften Drehmoment. Das subjektive Fahrempfinden bezüglich Beschleunigung ist mit dem PS-gewaltigen Benziner fast identisch. Die (preisgünstigste) Version mit Handschaltung weist ein spürbares „Turboloch“ auf, wogegen das Automatengetriebe diese Unsitte sauber zu kaschieren vermag. Das Spitzenmodell E32 verfügt über permanenten, der Vierzylinder-E23 (Benzin) und Fünfzylinder-TDi zuschaltbaren Allradantrieb (elektrisch, bei voller Fahrt jederzeit zu- und abschaltbar).

Der Grosse und der Kleine

Musso und Korando verfügen über identische Antriebskomponenten, also auch über drei unterschiedliche Motorisierungen, zuschaltbaren oder permanenten Allradantrieb, Handschaltung oder Automatengetriebe. Der Musso als fünftüriger Kombi ist der „grosse Bruder“. Den etwas kürzeren Korando gibt es nur in einer dreitürigen Variante. Trotz seiner etwas „knuddligen“ Karosserieform fährt sich der Korando fast gediegener. Das liegt daran, dass Fahrer und Beifahrer infolge der längeren Motorhaube und des kürzeren Radstandes ziemlich exakt in Fahrzeugmitte sitzen. Der Korando hat einen militärischen Bruder, den jeep-ähnlichen Daewoo Military Lightweight 4x4 OM662/M161 E23. (Insider dürften unschwer bei der Typenbezeichnung ‚OM‘ die Mercedes-Handschrift erkennen).

Es erstaunt einigermassen angesichts nicht eben sensationeller Verkaufszahlen, dass dennoch reichlich Zubehör erhältlich ist. Nicht beim Generalimporteur, sondern im Zubehörhandel. Die Delta 4x4-Sternfelgen auf unserem Daewoo Musso stammen beispielsweise von Auto-Stieger in 8600 Dübendorf (Tel. 01 / 820 35 35, Fax 01 / 820, E-Mail info@autostieger.ch) und die dazu passenden Breitreifen von Bridgestone/Firestone Schweiz. Der bekannte Geländewagen- Ausrüster Casty Off-Road in 7014 Trin (Tel. 081 / 635 11 69, Fax 081 / 635 16 61) führt ein grosses Sortiment Original-Zubehör sowohl für SsangYong, wie auch für Daewoo Musso und Korando-Modelle. Diverse Frontschutzbügel, Trittbretter, Heckbügel, Differentialsperren und wunderschöne Innen-Dekors in Wurzelholz, Carbon, Titan, Mahagoni und Alu-Design figurieren im Angebot. Sogar Zyklonfilter und Safari-Schnorchel gibt es. Nebst einer Vielzahl von Stahl- und Alufelgen. Aeusserst preiswert sogar.

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Augenfälligstes Merkmal des neuen MUSSO ist der Daewoo-Kühlergrill in Chrom

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Noch immer unverkennbar MUSSO-Silhouette - dennoch haben etliche Änderungen Einzug gehalten.

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Das kraftvolle Herz des E32, der PS-gewaltige Reihensechszylinder von Mercedes mit Resonanzaufladung

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Noch kein Chromzierat schmückte den Vorgänger

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Das Aussehen ist gediegener geworden

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SsangYong: seitliche Kunststoffabdeckungen

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Seitlich nur mehr schmale Zierstreifen

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Polycarbonat-Scheinwerfer ersetzen die alten Gläser

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Die Delta 4x4-Sternfelgen sind optional

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Original nur beim E32 die neuen Lochfelgen

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Der hochgeländegängige Korando hat ein militärisches Aequivalent

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Und so heisst er

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Ansicht vom Heck

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Die Zivilversion E32 gibt es auch mit dem Wahnsinns- Sechszylinder

 


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